Verletzter Vogel gefunden – was tun?
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Wildvögel leben gefährlich: Ein Flug gegen eine Glasscheibe, eine Begegnung mit einer Katze oder ein Sturz aus dem Nest. Immer wieder finden Menschen einen verletzten oder stark geschwächten Vogel. Doch wie verhalten Sie sich in diesem Fall richtig? Wir zeigen Ihnen, wie Sie helfen können, wenn Sie einen verletzten Vogel gefunden haben.
Inhaltsübersicht
Zugegeben, die Überlebenschancen eines stark verletzten Vogels stehen leider schlecht. Vögel haben einen hohen Stoffwechsel und relativ wenig Blut in ihrem Körper, besonders offene Wunden überstehen sie nicht lange. Hinzu kommt die Gefahr durch Katzen, Marder oder Füchse. Umso wichtiger ist es, hinzuschauen und einem verletzten Vogel schnell zu helfen. Doch wie kann ich einem verletzten Vogel eigentlich genau helfen?
Wir haben Ihnen die wichtigsten Tipps zusammengestellt, wenn Sie einen verletzten Vogel gefunden haben . Die folgenden drei Erste-Hilfe-Schritte geben Ihnen bereits einen Überblick, worauf es im Notfall ankommt:
Erste Hilfe bei einem verletzten Vogel
- Vogel beobachten: Welche Art der Verletzung hat der Vogel?
- Vogel sichern: Vogel mit einem Handtuch vorsichtig einfangen und in einen mit Küchenpapier ausgelegten Karton mit Luftlöchern setzen.
- Hilfe holen: Vogel zu einem vogelkundlichen Tierarzt bringen oder die Wildvogelhilfe verständigen (wildvogelhilfe.org).
Vogel beobachten
Bevor Sie loslaufen und nach einem Karton suchen, wo Sie den verletzten oder stark geschwächten Vogel hineinsetzen, sollten Sie zunächst sichergehen, dass der Vogel wirklich medizinische Hilfe benötigt. Bei sichtbaren Verletzungen wie Wunden, Bissverletzungen oder Knochenbrüchen ist die Situation meist eindeutig. In diesem Fall sollten Sie direkt zu Schritt 2 „Vogel sichern“ übergehen.
Bei geschwächten Vögeln ohne sichtbare Verletzungen verhält sich die Sache jedoch anders. Einen kranken Vogel von einem gesunden Vogel zu unterscheiden, bereitet vielen Laien verständlicherweise Probleme. Wenn Sie sich nicht sicher sind, sollten Sie den Vogel zunächst vor Ort belassen und ihn eine Zeitlang beobachten.
Kann er laufen? Schwankt oder fällt er um? Ist es ihm möglich, zu fliehen? Vögel sind scheue Tiere und ergreifen in der Regel schnell die Flucht, wenn ihnen ein Mensch zu nahe kommt. Bleibt er jedoch weiterhin geschwächt am Boden hocken oder liegen, braucht er höchstwahrscheinlich Hilfe.
Gegen die Glasscheibe geflogen
Zu den häufigsten Verletzungen von Vögeln gehören Schädel-Hirn-Traumen in Folge eines Aufpralls gegen eine Fensterscheibe. Im besten Fall hat der Vogel nur eine leichte Gehirnerschütterung erlitten und kann nach einer kurzen Erholungsphase wieder davonfliegen.
Entdecken Sie auf der Terrasse oder dem Balkon einen auf dem Rücken liegenden Vogel, sollten Sie ihn also nicht direkt anfassen, sondern erst einmal beobachten. Denn Vögel sind es nicht gewohnt, angefasst zu werden. Das Aufnehmen mit der Hand oder Streicheln würde ihnen unnötigen Stress bereiten, den Sie in dieser Situation unbedingt vermeiden sollten. Warten sie ab und schauen Sie, ob der Vogel wirklich schwer verletzt ist.
Bemerken Sie jedoch bei näherem Hinsehen jedoch Verletzungen am Körper, am Schnabel, Auge oder den Flügeln, sollten Sie ihn, wenn möglich, zur weiteren Untersuchung zu einem Tierarzt bringen (siehe dazu Punkt 2 und 3).
Besonderheit: Junge Vögel
Besonders im Frühjahr kommt es immer wieder vor, dass nackte oder kaum befiederte Jungvögel entdeckt werden, die aus dem Nest gefallen sind. Die beste Option ist in diesem Fall die Rückführung ins eigene Nest – zumindest wenn der Nestling unverletzt ist.
Finden Sie im nahegelegenen Baum das Nest, nehmen Sie den Jungvogel vorsichtig mit der Hand auf und setzen Sie ihn behutsam zurück ins Nest. Beobachten Sie das Nest noch eine Weile und warten Sie ab, ob die Elternvögel zurückkommen und ihren Nachwuchs weiterfüttern. In diesem Fall ist alles in Ordnung und Ihre Rettung gelungen.
Ist das Nest nicht auffindbar, nicht erreichbar oder die Eltern kommen auch nach längerer Zeit nicht zum Nest zurück, sollten Sie den kleinen Vogel in eine Pflegestelle der Wildvogelhilfe oder zu einem Tierarzt bringen. Beachten Sie dabei, dass nackte oder teilbefiederte Vögel schnell auskühlen und beim Transport unbedingt warm gehalten werden sollten (Handtücher, Handwärme).
Schon gewusst? Sie brauchen sich übrigens keine Sorgen zu machen, dass die Eltern ihren Jungvogel ablehnen, weil Sie ihn angefasst haben. Menschlicher Geruch stört die Vogeleltern nicht, denn Vögel haben keinen empfindlichen Geruchssinn.
Finden eines Ästlings
Handelt es sich bei dem gefundenen Vogel um einen bereits vollständig befiederten Jungvogel, also einen so genannten Ästling, hat er sein Nest vermutlich bereits verlassen. Eine Rückführung ins Nest ist in diesem Fall keine Option.
Wirkt der Vogel gesund, beobachten Sie ihn für mindestens eine Stunde – natürlich mit ausreichend Abstand, damit sich die Eltern zum Füttern herantrauen. Befindet sich der Vogel in einer Gefahrenzone, können Sie ihn in einen sicheren Grünbereich in die Nähe des Fundortes setzen.
Jungvögel rufen nach ihren Eltern und führen sie so in der Regel zu sich. Wird der Vogel auch nach mehr als einer Stunde nicht von seinen Eltern gefüttert, sollten Sie ihn zu einem vogelkundlichen Tierarzt oder in die nächste Vogel-Auffangstation bringen. Eine Liste von Auffangstationen für Vögel in Ihrer Nähe finden Sie auf der Webseite der Wildvogelhilfe oder des NABU.
Geben Sie den Jungvogel immer in erfahrene Hände und versuchen Sie keinesfalls den kleinen Vogel selbst zu versorgen und aufzuziehen! Die Aufzucht und Auswilderung junger Vogelwaisen ist eine komplizierte Angelegenheit, die unbedingt Fachleuten überlassen werden muss.
Verletzten Vogel sichern
Wenn der Vogel medizinisch versorgt oder zu einer Wildvogel-Pflegestelle gebracht werden muss, sollten Sie ihn vorsichtig einfangen und in einen mit Hand- oder Küchentüchern ausgelegten Pappkarton setzen. Gehen Sie dabei wie folgt vor:
- Zum Einfangen werfen Sie ein Handtuch oder eine Decke über den Vogel. Dadurch können Sie ihn leichter vom Boden hochheben und vermeiden gleichzeitig Verletzungen. Aus Angst können verletzte Vögel kratzen oder mit dem Schnabel zwicken! Besondere Vorsicht ist beim Einfangen eines Greifvogels geboten.
- Beim Festhalten sollten Sie darauf achten, dass Sie den Vogel nicht zu fest drücken. Denn drücken Sie zu stark auf Brust oder Bauch, kann es zu lebensbedrohlichen Atemproblemen kommen. Daher sollten Sie den Vogel wirklich nur zum Hineinsetzen in die Transportbox anfassen – zu langes Festhalten oder gut gemeintes Streicheln verängstigt die scheuen Tiere.
- Zum Transport und zur ersten Versorgung des verletzten Vogels bietet sich ein Pappkarton an. Legen Sie diesen mit Handtüchern, Küchenrolle oder mehreren Lagen Zeitungspapier aus. So werden Ausscheidungen des Vogels aufgenommen und der verletzte Vogel hat es warm, weich und sicher. Wichtig: Der Pappkarton muss Luftlöcher haben und ausreichend groß sein.
Vogel zum Tierarzt oder zur Wildvogelstation bringen
Der Transport zum nächsten Tierarzt oder der nächsten Pflegestelle bedeutet für den verletzten Vogel großen Stress. Falls Sie den Vogel selbst zum Tierarzt oder in eine Vogelklinik zu bringen, sollten Sie deshalb sicherstellen, dass er stabil genug ist für den Transport. Sofern Sie sich unsicher sind, können Sie sich auch zunächst telefonischen Rat bei der Tierrettung, dem NABU-Infotelefon oder einem vogelkundlichen Tierarzt einholen.
Zudem gibt es spezielle Kurierdienste, die Vogeltransporte durchführen, allerdings kann der Zeitraum bis zum Abholen des Vogels je nach Zeit, Wohnort und Wochentag recht lang sein. Beim Transport des Vogels mit dem eigenen Auto, fixieren Sie den Pappkarton mit dem Sicherheitsgurt und fahren Sie vorsichtig!
Verletzten Vogel füttern?
Dauert der Transport zum Tierarzt oder zur Auffangstation sehr lange (mehr als eine Stunde), kann es notwendig sein, dass Sie dem kranken Vogel Wasser und Futter bereitstellen. Bei stark geschwächten Vögeln, die das Körnerfutter nicht selbständig aufnehmen können, eignet sich auch eine Traubenzuckerlösung. Als Notfallfutter für alle Vogelarten (auch für Jungvögel) eignet sich hartgekochtes Eiweiß.
Achtung: Offene Wunden oder akute Blutungen
Hat der verletzte Vogel offene Wunden mit starken Blutungen, sollten diese nach Möglichkeit sofort behandelt werden. Tupfen Sie offene Wunden mit einem weichen, trockenen Tuch vorsichtig ab und behandeln Sie die Stelle wenn möglich mit einem Desinfektionsmittel. Auch ein leicht aufgedrücktes Wattepad kann helfen, die Wunde zu stillen.
Fazit: Hinschauen lohnt sich!
Vielen verletzten Vögeln kann geholfen werden, wenn sie rechtzeitig gefunden und versorgt werden. Knochenbrüche, Flügelverletzungen, Schädel-Hirn-Trauma, Bissverletzungen oder auch Infektionskrankheiten können von vogelfachkundigen Tierärzten behandelt werden.
Sollten die Verletzungen zu schwer sein, wird der Tierarzt den Vogel einschläfern und ihn so von seinem Leiden befreien. War die erste tierärztliche Versorgung des gefiederten Patienten hingegen erfolgreich, sorgen Pflegestellen dafür, dass sich der Vogel erholen und stabilisieren kann. Der Vogel wird auf ein selbständiges Leben in der Natur vorbereitet und kann unter fachkundiger Aufsicht hoffentlich bald in die Freiheit entlassen werden.
Quellen:
www.wildvogelhilfe.org
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