Wer Pferde richtig erziehen will, muss ihnen eine klare Richtung vorgeben.
Pferde sind Herdentiere, die es gewohnt sind, in einer Rangordnung zu leben. Das gilt für die Gemeinschaft mit Artgenossen ebenso wie für die mit Menschen. Pferdeerziehung bedeutet also, dem Pferd eine klare Richtung vorzugeben. Das lohnt sich in jedem Fall: Ein gut erzogenes Pferd erleichtert das Miteinander im Alltag und beugt Gefahrensituationen vor.
In ihrem natürlichen Umfeld bilden Pferde eine Herdengemeinschaft. Um zu verstehen, wie Pferdeerziehung funktioniert, hilft ein Blick in dieses soziale Gefüge.
Hierarchie in einer Pferdeherde
In der Herde herrscht ein streng hierarchisches System. Es gibt Alpha-, Beta- und Gamma-Tiere, deren Rechte innerhalb der Gruppe sehr stark variieren. Diese Positionen werden immer wieder infrage gestellt und gegebenenfalls durch Rempeln, Drohen oder Beißen neu definiert.
In teils erbitterten Kämpfen entscheidet sich, welcher Hengst in Zukunft das Alphatier der Gruppe wird. Aber auch kleine Auseinandersetzungen im Alltag helfen dabei, immer wieder zu definieren, wer wo in der Rangordnung steht. Sei es beim Fressen oder an der Tränke – die Ranghöheren haben selbstverständlich den Vortritt.
Der kompetente Herdenchef vermittelt dem Pferd Sicherheit
Herdentiere sind darauf angewiesen, dass sie von einem starken Anführer geleitet werden. Die rangniedrigeren Tiere unterwerfen sich diesem, weil sie ihm Kompetenz zusprechen. Das Alphatier ist erfahren genug, um Gefahren und Chancen für die ganze Gruppe zu erkennen und die richtigen Entscheidungen zu fällen.
Die Herde wird das führende Tier an jeder dieser Entscheidungen messen. Entscheidet das ranghohe Tier mehrfach falsch, so wird es seiner Position enthoben und andere, rangniedrigere Tiere werden den Herdenchef herausfordern.
Das ist auch sinnvoll, denn nur mit einem kompetenten Alphatier kann die Herde überleben. Eine unsichere Führung bedeutet Stress für das Pferd, denn jetzt muss es selbst für seine Sicherheit sorgen.
Pferde erziehen – gut für Mensch und Pferd
Spätestens jetzt ist klar, dass Pferdeerziehung nichts ist, dass man dem Pferd gegen seinen Willen aufzwingt. Das Pferd sehnt sich nach einem souveränen Chef, damit es sich entspannen kann.
Abgesehen von überaus dominanten Hengsten möchte daher jedes Pferd, dass sein Mensch in der Zweier-Herde die Führung übernimmt. Und genau das tun Sie, wenn Sie Ihr Pferd richtig erziehen.
Körpersprache als Schlüssel für erfolgreiche Pferdeerziehung
Entsprechend der Hierarchie in der Pferdeherde ordnet das Pferd auch Menschen als „ranghoch“ oder „rangniedrig“ ein. Um seine eigene Position in Bezug auf den Menschen einzuschätzen, achtet das Fluchttier Pferd naturgemäß auf unsere Körpersprache.
Sie liefert dem Pferd wichtige Informationen: Sind Sie womöglich ein gefährliches Raubtier, vor dem es flüchten sollte? Sind Sie vielleicht ein dominantes Alphatier, dem es vertrauensvoll folgen kann? Oder sind Sie ein rangniedriger Mensch, mit dem es machen kann, was es will?
Selbstverständlich die Führung übernehmen
Machen Sie sich das Hierarchieverhalten bei jedem Kontakt mit Ihrem Pferd bewusst. Ihre Haltung und Ihr Mindset sollten unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass Sie der Chef sind.
Sie müssen dabei nicht grausam oder gar gewalttätig werden. Sichere Bewegungen, ein ruhiger, souveräner Umgang und eine feste Stimme reichen völlig aus.
Achten Sie auf Ihre Körpersprache. Seien Sie präsent und körperlich, geistig und emotional in bester Verfassung. Nur so können Sie repräsentieren, was Sie für das Tier sein wollen: eine zuverlässige, vertrauenswürdige Führungsperson.
Konsequenz und Klarheit
Um erfolgreich in der Pferdeerziehung zu sein, sollten Sie sich zwei wichtige Fragen stellen: Was möchte ich erreichen und wie kann ich dafür einstehen? Es geht also um Klarheit in der Absicht und Durchhaltevermögen bei der Umsetzung. Sind diese Fragen beantwortet, ist es ein Leichtes, dem Pferd gegenüber mit der nötigen Souveränität aufzutreten.
Zu Beginn Ihrer Karriere als Pferdehalter mag dies noch anstrengend und mit viel aktiver Aufmerksamkeit verbunden sein. Mit der Zeit werden Sie daran gewöhnt sein und der Umgang mit dem Pferd in Ihrer Rolle als Ranghöherer sich ganz natürlich und selbstverständlich anfühlen.
Pferd erziehen im Alltag
Sie haben sich bei Ihrem Pferd als Alpha-Tier etabliert? Wunderbar. Dann geht es jetzt darum, Ihren Führungsanspruch zu behaupten und die Verhaltensweise durchzusetzen, die Sie sich wünschen.
Für Sie als Halter bedeutet das, immer genau zu wissen, was sie tun. Denken Sie daran: Sie sitzen im Sattel und tragen die Verantwortung. Das hilft Ihnen unter anderem in den folgenden Situationen.
Was soll mein Pferd können?
Es gibt viele Situationen im Alltag, in denen Sie Ihr Pferd erziehen können und auch sollten:
Fressen beim Ausreiten: Das Pferd wird auf Ausritten immer etwas am Wegesrand finden, das ihm schmeckt. Doch in diesem Moment geht es nicht um Futter, sondern um Arbeit. Hindern Sie das Tier deshalb nachdrücklich daran, andauernd zu naschen.
Den Weg bestimmen: Sorgen Sie dafür, dass Sie den Weg kennen. Seien Sie vollkommen souverän, wenn es um das Festlegen der Route geht. Lassen Sie in keinem Fall das Pferd entscheiden.
Sich anfassen lassen: Beim Putzen, beim Halfteranlegen oder beim Tierarzt – es gehört zum guten Benehmen, dass sich das Pferd ohne Murren überall berühren lässt. Trainieren Sie das mit Ihrem Pferd in entspannter Atmosphäre.
Stehen bleiben: Herumtänzeln oder mal eben um die Ecke gucken sind Unarten, die Sie Ihrem Pferd abgewöhnen sollten. Damit machen Sie sich das Leben nicht nur beim Aufsteigen leichter.
Hufe heben: Ein Pferd, das auf Kommando brav die Hufe gibt, freut den Hufschmied, gestaltet aber auch die tägliche Hufkontrolle angenehmer.
Führen lassen: Lassen Sie nicht zu, dass Ihr Pferd am Strick oder Zügel vor Ihnen geht, es Sie zur Seite drängelt oder hinter Ihnen her bummelt. Stattdessen sollten Sie sich beim Führen auf Höhe des Halses befinden, während Ihr Pferd gelassen mit Ihnen Schritt hält.
Tipps für die Pferdeerziehung
Konsequenz ist der Schlüssel zum erfolgreichen Umgang mit dem Pferd. Bei der Pferdeerziehung können Sie auf zwei verschiedene Methoden zurückgreifen: Abschrecken durch „Strafe“ und Verstärken durch Belohnung.
Wie reagiere ich auf schlechtes Benehmen meines Pferdes?
Wenn Sie ein unerwünschtes Verhalten feststellen, so koppeln Sie es direkt an etwas Unangenehmes. Das kann zum Beispiel ein strenges „Nein!“ sein, ein Klaps mit der Gerte oder eine erhobene Hand.
Es geht in keinem Fall darum, dem Pferd Schmerzen zuzufügen. Vermitteln Sie lediglich über Ihre Körpersprache, dass hier eine Grenze überschritten wurde und dass Sie das nicht tolerieren werden.
Sie erreichen damit, dass das unerwünschte Verhalten mit der negativen Konsequenz im Kopf des Tieres verknüpft wird. Dadurch wird es dieses Verhalten in Zukunft vermeiden. Das klappt nicht immer beim ersten Mal. Aber wenn Sie ruhig und konsequent bleiben, wird Ihr Pferd mit der Zeit das korrekte Verhalten lernen.
Wie reagiere ich auf gutes Benehmen meines Pferdes?
Das richtige, von Ihnen gewünschte Verhalten sollte immer positiv gefördert und unterstützt werden. Nutzen Sie dafür das Belohnungssystem.
Wenn das Pferd das neue, gewünschte Verhalten zeigt, geben Sie ihm eine kleine Leckerei. Oder reden Sie auf eine angenehme, liebevolle Art mit ihm und streicheln Sie es an Stellen, an denen es sehr gerne berührt wird.
Wie auch zuvor wird das Verhalten mit der akustischen und körperlichen Erfahrung verknüpft werden. Nur merkt sich das Tier nun die damit verbundenen positiven Erlebnisse. Das Pferd wird dieses Verhalten gerne wiederholen, um in Genuss des Leckerlis und der Streicheleinheiten zu kommen.
Die strafassoziierte Konditionierung wird dadurch zunehmend überflüssig. Pferde mit Belohnung zu erziehen ist sowohl für das Tier als auch für den Menschen angenehmer und auch wirkungsvoller.
Hilfe, mein Pferd ist unerzogen!
Ihr Pferd schlägt, lässt sich nicht führen oder steckt beim Ausreiten den Kopf ins saftige Gras? Dann haben Sie womöglich Ihre erste Position in der Rangordnung verloren.
Das geht manchmal ganz schnell: Kurz nicht aufgepasst, einmal etwas durchgehen lassen – und schon ist es passiert. Pferde testen ihre derzeitige Position permanent aus.
Sobald Sie nicht mehr als konsequenter Herdenchef auftreten, wird das Pferd gegen Ihre Führung aufbegehren. Der Grund ist schlicht, dass es sich nicht mehr sicher unter Ihrer Leitung fühlt. Um seine eigene Existenz abzusichern, muss es dafür sorgen, wieder einen fähigen Anführer zu finden. Im Zweifelsfall wird es auf sich selbst zurückgreifen und die Führung übernehmen.
Doch keine Sorge, die Rangordnung ist flexibel. Sie können jederzeit wieder die Kontrolle über „Ihre Herde“ übernehmen. Zeigen Sie dafür Konsequenz, Klarheit und Führungsstärke und weisen Sie Ihrem Pferd sanft, aber bestimmt den Weg zum korrekten Verhalten.
Auf einen Blick: Pferde richtig erziehen
Denken Sie daran: Sie sind in jeder Situation und ohne Ausnahme der Chef.
Prüfen Sie Ihr Mindset und richten Sie sich innerlich wie äußerlich auf.
Gehen Sie bei der Pferdeerziehung in kleinen Schritten vor.
Haben Sie Geduld, wenn etwas nicht funktioniert, aber bleiben Sie konsequent.
Arbeiten Sie bevorzugt mit Belohnung statt mit Strafe.
Bleiben Sie aufmerksam: Pferde testen die Rangordnung permanent!
Pferde gibt es in allen verschiedenen Größen, Farben und Formen. Sie sind wie alle Lebewesen individuell. Achten Sie daher darauf, dass die Ausrüstung Ihres Tieres auch wirklich passt. Hufschuhe, Sattel, Decken und Fliegenschutzmasken sollten gut sitzen und für das Pferd so angenehm und passend wie möglich sein.
Schon als Baby habe ich lieber mit unserer Perserkatze gekuschelt als mit meinem Teddy. Später ging ich meinen Eltern so lange auf die Nerven, bis ich ein Pferd adoptieren durfte. Mit meinen Tieren habe ich viel erlebt. Und auch wenn das Leben mit Tieren nicht immer einfach ist, kommt für mich kein anderes in Frage. Denn Tiere berühren mich an einer Stelle meiner Seele, wo sonst nichts und niemand hinkommt. Diesen Zauber spüre ich sogar, wenn ich über Vierbeiner schreibe. Ich hoffe, etwas davon kommt bei Ihnen an.
Ob Hund, Katze oder Maus: Jedes Tier hat seine eigene Sprache. Mit Ohren, Körperhaltung und Lauten teilen die Vierbeiner uns mit, was in ihnen vorgeht. Auch Pferde haben ihre eigene Pferdesprache. Sie möchten Ihr Pferd oder fremde Pferde besser verstehen? Dann lesen Sie hier, was es mit den wichtigsten Körpersignalen auf sich hat.