Ein Hund wie ein Wolf: Der Saarloos Wolfhond erinnert nicht nur äußerlich an einen Wolf. Auch seine Zurückhaltung, sein natürliches Fluchtverhalten und sein Jagdtrieb tragen starke Wolfszüge und erfordern einen erfahrenen Halter mit viel Sachverstand, Zeit und Einfühlungsvermögen.
Aussehen
Zwar liegt die Einkreuzung von Wölfen viele Generationen zurück, doch das urtümliche und instinktsichere Verhalten seines wilden Verwandten hat sich der Saarloos Wolfhund bis heute bewahrt. Seine natürliche Scheu allem Fremden gegenüber, sein ausgeprägter Fluchttrieb, aber auch sein extrem schnelles Reaktionsvermögen zeigen, dass dieser Hund echtes Wolfsblut in sich trägt.
Halb Hund, halb Wolf?
Das wolfsähnliche Verhalten, das von natürlicher Reserviertheit bis hin zu ausgeprägter Schreckhaftigkeit reichen kann, ist von Hund zu Hund unterschiedlich stark ausgeprägt. Während der eine Saarloos eher „hundeähnlich“ agiert und neuen Situationen recht aufgeschlossen begegnet, überwiegt beim anderen die wolfstypische Scheu. Eine gewisse Reserviertheit und Vorsichtigkeit zeigen jedoch alle Wolfshunde. Diese natürliche Erbanlage ist vom Standard ausdrücklich erwünscht und sollte vom Halter eines Saarloos unbedingt berücksichtigt werden.
Charakter
Der mehr oder minder ausgeprägte Fluchttrieb, der für den Wolf überlebensnotwendig ist, kann bei der Haltung als Haushund allerdings zu Problemen führen. Denn ein Saarloos, der vor einer unbekannten Situation oder einem fremden Menschen fliehen möchte, ist für den Halter nur noch schwer kontrollierbar. Der natürliche Fluchttrieb überwiegt alles – Kommandos nimmt der Hund in einem solchen Augenblick nicht mehr wahr. Eine umfassende Sozialisiation und eine konsequente Erziehung mit viel Liebe und Geduld sind nötig, um diesen sensiblen Vierbeiner zu überzeugen, dass von fremden Menschen und unbekannten Situationen keine Gefahr ausgeht und sie sich auf die Souveränität ihrer Bezugsperson verlassen können.
Treuer Partner mit eigenem Kopf
Gelingt dem Menschen diese Herausforderung, so gewinnt man mit dem Saarloos Wolfhond einen zuverlässigen Partner und ein treues Familienmitglied, das Kindern, anderen Haustieren oder Besuchern offen und aufgeschlossen begegnet. Denn Wolfshunde zeichnet noch etwas aus: Ihre bemerkenswerte Treue und Anhänglichkeit gegenüber ihrem „Leitwolf“, ihrem Herrn. Kadavergehorsam kann man allerdings auch in diesem Fall nicht erwarten. Saarloos besitzen einen stolzen und unabhängigen Charakter und so hinterfragen sie immer den Sinn hinter den Befehlen. Für stupide Übungen und ständige Wiederholungen derselben Spiele geben sie sich nicht her. Als Halter eines Saarloos muss man sich also schon etwas mehr einfallen lassen, um den anspruchsvollen und energiegeladenen Saarloos zu befriedigen und auszulasten.
Geschichte
Ähnlich wie beim Tschechoslowakischen Wolfhund stand auch bei dieser Rasse zu Beginn das recht fragwürdige Experiment der Kreuzung von Hund und Wolf. Der niederländische Naturfreund und Hundenarr Leendert Saarloos (1884-1969) liebte seine Deutschen Schäferhunde über alles, doch er war der Ansicht, dass die Rasse generell zu stark vermenschlicht sei. Zum Zweck der Wiederherstellung eines urtümlicheren Hundetyps, der besser als Gebrauchshund taugte, kreuzte er den Deutschen Schäferhundrüden „Gerard van der Fransenum“ mit der sibirischen Wölfin „Fleuri“. In dieser Experimentierphase kreuzte er die Nachkommen erneut mit dem Vater und reduzierte das Wolfsblut seiner „Versuchstiere“ schließlich auf ein Viertel.
Als Gebrauchshund ungeeignet
Im Verlauf weiterer Zuchtversuche zeigte sich jedoch, dass die Tiere als Gebrauchshunde gänzlich ungeeignet waren. Ihre Scheu und Schreckhaftigkeit ließen sich mit den Anforderungen an einen zuverlässigen Dienst- oder Blindenführhund nicht vereinbaren. Nichtsdestotrotz erkannte man die Hunde mit den naturnahen Eigenschaften 1975 als neue Rasse an. Der ursprüngliche Name „Europese Wolfhond“ (europäischer Wolfhund) wurde später zu Ehren ihres niederländischen Gründers in „Saarloos Wolfhond“ umbenannt.
Aussehen
Die niederländische Hunderasse, die beim internationalen kynologischen Dachverband FCI unter der Standardnummer 311 geführt wird, erinnert äußerlich immer noch sehr an einen Wolf. Der Saarloos Wolfhond ist kräftig gebaut und verfügt über recht lange Gliedmaßen. Da der Körper eher länger als hoch ist, wirkt er jedoch nicht hochbeinig. Rüden erreichen eine stattliche Größe von 65 bis 75 cm, bei Hündinnen ist die Widerristhöhe mit 60 bis 70 cm etwas geringer. Je nach Größe und Geschlecht liegt das Gewicht eines ausgewachsenen Saarloos zwischen 30 und 45 kg.
Starke Ähnlichkeit mit dem Wolf
Er besitzt den leichtfedernden Gang eines Wolfes und im Gesicht einen wolfstypischen Ausdruck aus meist gelben, mandelförmigen und schräg platzierten Augen. Verstärkt wird der wolfartige Eindruck durch Fellfarbe und -beschaffenheit. Ebenso wie bei ihrem wilden Verwandten ist die Sommerbehaarung ganz anders als die Winterbehaarung. Während im Sommer der ganze Körper vom stockhaarigen Deckhaar bedeckt ist, dominiert im Winter eher die dichte Unterwolle, die zusammen mit dem Stockhaar dem Hund einen zuverlässigen Schutz und wärmenden Pelz bietet. Um den Hals bildet das Fell in der kalten Jahreszeit einen deutlichen Kragen. Das Haarkleid des Saarloos Wolfhond wird in drei verschiedenen Farbvarianten gezüchtet:
- Wolfsgrau: Schwarz-Wildfarben, hell bis dunkel schattiert)
- „Bos“-Braun bzw. Waldbraun: Braun-Wildfarben, hell bis dunkel schatiiert)
- Weiß: helles Crèmeweiß bis Weiß
Saarloos-Zucht und der gefährliche Trend zu mehr Wildnis
Trotz der verblüffenden Ähnlichkeit mit dem Wolf liegt die letzte offizielle Wolfseinkreuzung beim Saarloos mittlerweile einige Generationen zurück. Aus gutem Grund sind Kreuzungen zwischen Hunden und Wölfen in den meisten Ländern heute illegal. Zu unkontrollierbar ist die extreme Ängstlichkeit dieser wilden, häufig aggressiven Wolfsmischlinge. Dennoch hat sich in den letzten Jahren in einigen Ländern Europas und den USA ein gefährlicher Trend zu mehr „Wildnis im Haushund“ entwickelt. Auf dem Schwarzmarkt, im Internet oder in sozialen Netzwerken werden Wolfsmischlinge mit einem weitaus höheren Wolfsgehalt verkauft und mit falschen Papieren als Saarloos ausgegeben. Dass die Nachfrage nach diesen wilden Tieren als Haustier groß ist, zeigen nicht zuletzt die Welpenpreise, die bei den illegalen Wolfhunden bei bis zu 3.000 Euro liegen. Mit dem Rassehund Saarloos haben diese Tiere jedoch bis auf ihr Aussehen nur noch wenig gemein.
Vorsicht beim Welpen-Kauf
Wer sich für einen echten Saarloos Wolfhond interessiert, sollte sich den Züchter vor dem Kauf eines Welpen also ganz genau anschauen. Seriöse Züchter sind im zuständigen Rassehund-Verein registriert und unterliegen den Zuchtanforderungen der FCI. Ihr Zuchtziel sind gesunde und wesensfeste Hunde, die sozialverträglich sind und weder zu scheu noch zu nervös agieren. Ein gutes und gesundes Erbgut ist dabei nur der Anfang. Verantwortungsvolle Züchter beginnen bereits bei sich zu Hause mit der Sozialisation ihrer Welpen und überlassen diese nicht allein dem Käufer. Auch werden sie genau prüfen, ob Sie als Halter für einen ihrer Saarloos-Welpen überhaupt infrage kommen. Schließlich sollten auch reinrassige Saarloos Wolfhonde nur in die Hände von Spezialisten kommen, die über ausreichend Kenntnisse sowohl im Hunde- als auch im Wolfsverhalten verfügen.
Preis und Papiere
Der Preis für einen reinrassigen Saarloos aus einer guten Zucht mit einer früh einsetzenden Sozialisation und allen Gesundheitsuntersuchungen liegt in der Regel zwischen 1.000 und 1.200 Euro. Bestehen Sie auf das Aushändigen aller notwendigen Papiere, wie unter anderem der Ahnentafel und einem DNA-Abstammungsnachweis. Auch wenn Ihnen der Welpe selbst wichtiger ist als irgendwelche Papiere: Nur FCI zertifizierte Papiere garantieren Ihnen eine verantwortungsvolle, kontrollierte Zucht mit gesunden Elterntieren und ebenso gesunden und wesensfesten Nachkommen.
Gesundheit
Glücklicherweise neigt der Saarloos Wolfhond dank seines urtümlichen Erbguts zu recht wenigen rassetypischen Erkrankungen. Vorgeschriebene und freiwillige Gentests der Elterntiere sorgen dafür, dass die Anzahl der vorhandenen Defekte weiter reduziert werden kann. Die Lebenserwartung liegt durchschnittlich bei 10 bis 12 Jahren, aber auch Hunde von über 16 Jahren sind bei dieser Rasse keine Seltenheit.
Nichtsdestotrotz treten folgende Krankheiten beim Saarloos vermehrt auf:
- Augenkrankheiten: Progressive Retina Atrophie (PRA), die zur Erblindung des Hundes führt, oder der Katarakt (Grauer Star).
- Gelenkerkrankungen: Hüftgelenksdysplasie (HD) und Ellbogendysplasie (ED), andere Gelenkprobleme stellen beim Saarloos hingegen keine Probleme dar.
- Degenerative Myelopathie (DM): Neurodegenerative Erkrankung, die erst im hohen Alter beginnt und zu Störungen des Bewegungsapparates bis hin zu Lähmungen führen kann.
- Hypophysärer Zwergenwuchs (HZ): Die Hirnanhangdrüse (Hypophyse) produziert zu wenig Wachstumshormone, so dass die Hunde in ihrer Körpergröße fortwährend einem Welpen gleichen. Bei Nichtbehandlung führt die hormonelle Störung zu vielen weiteren schwerwiegenden Erkrankungen, wie Schilddrüsen-, Leber- und Niereninsuffizienzen, Lähmungen oder Problemen der Läufigkeit und damit nicht selten zum frühzeitigen Tod der betroffenen Tiere.
- Epilepsie: wiederholt auftretende Krampfanfälle (epileptische Anfälle), ohne eine vorausgehende erkennbare Ursache
Für alle der genannten Krankheiten (bei letzterer zumindest für die erblich bedingte Epilepsie) existieren heute Gentests, die eine Veranlagung des Hundes vorhersagen können. Die Ausgrenzung betroffener Hunde von der Zucht sorgt dafür, dass das Risiko für eine Erkrankung weiter minimiert wird.
Ernährung
Damit der Saarloos ein Leben lang gesund ist, reicht ein gesundes Erbmaterial natürlich nicht aus. Eine artgerechte Haltung und Ernährung sind weitere wichtige Faktoren für die gesunde Entwicklung des Hundes. Doch welche Ernährung ist für den Saarloos Wolfhond die richtige?
Es liegt nahe, eine so urtümliche Hunderasse wie den Saarloos entsprechend ihrer Vorfahren, den Wölfen, zu ernähren. Da das Verwandtschaftsverhältnis mit dem Wolf in gewisser Weise auf alle Hunde zutrifft, gilt dies natürlich auch für alle anderen uns bekannten Rassen.
Das Beutetierprinzip
Genauso wie der Wolf zählen auch die Hunde zu den so genannten Karnivoren (Fleischfresser). Wichtig dabei zu wissen ist, dass auf dem Speiseplan keineswegs nur Fleisch steht, denn Wölfe essen das gesamte Beutetier, mitsamt Blut, Darminhalt und Knochen. Außerdem fressen sie Pflanzen, Beeren und Früchte. Und so brauchen auch Hunde, neben viel Fleisch, auch Fette und Knochen, um ausreichend versorgt zu werden. Eine Ernährung, die sich nah am Beutetierprinzip orientiert, besteht zum Beispiel aus ca. 80 Prozent Muskelfleisch (z. B. vom Rind, Huhn, Lamm, Wild oder Ente), ca. 15 Prozent Fett, ca. 10 Prozent Knochen und 10 Prozent Innereien.
Fertige Futtermischungen oder lieber roh füttern?
Um eine optimale und qualitativ hochwertige Zusammensetzung der benötigten Nährstoffe zu erreichen, greift die Mehrzahl der Saarloos-Besitzer zu einer artgerechten Rohfütterung. Doch auch wenn Ihnen roh füttern, BARFen oder selbst kochen nicht liegen sollte, können Sie Ihren Vierbeiner ausgewogen und gesund ernähren. Ein gutes Hundefutter aus dem Supermarkt, dem Tiermarkt oder dem Internet zeichnet sich durch einen hohen Anteil qualitativ hochwertigem Fleisch aus sowie einem Verzicht auf übermäßige Kohlenhydrate, wie Getreide.
Erziehung und Sozialisation
Wichtiger noch als die Frage, was im Futternapf stecken sollte, ist beim Saarloos Wolfhond sicherlich die Frage nach der richtigen Erziehung und Sozialisation. So braucht bereits der Welpe neben seinem Futter vor allem Sie als seinen Halter. Sie müssen ihm Geborgenheit, Vertrauen und Sicherheit vermitteln, damit er sich im Alltag – der für diese schreckhaften Hunde zum Teil sehr verstörend wirkt – und dem Leben als Haushund zurecht findet. Eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Hund ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Sozialisation und das Erreichen der Erziehungsziele.
Ziel der Sozialisierung
Die Sozialisierung des Welpen ist bei diesem Rassehund von entscheidender Bedeutung und entscheidet darüber, ob aus dem Saarloos ein offener, sozialverträglicher Haushund wird oder ein ängstlicher, gar aggressiver und damit unkontrollierbarer Mitbewohner. Im besten Fall wird der Hund zwischen der 4. und 16. Lebenswoche kontinuierlich sozialisiert, denn anders als bei nicht oder zu spät sozialisierten Hunden überwiegt bei Welpen noch die Neugier vor der Furcht. Ziel der Sozialisierung ist, dass der Hund möglichst viele verschiedene Dinge, die im Alltag auf ihn zukommen werden, kennenlernt und begreift, dass von diesen fremden Menschen, Tieren, Geräuschen oder seltsamen Gegenständen keine Gefahr ausgeht.
Wie läuft die Sozialisierung ab?
Um den Hund nicht zu überfordern und zu verschrecken, ist es wichtig, dass Sie die Übungseinheiten langsam steigern. So beginnen Sie etwa mit kurzen Ausflügen in wenig belebtes Gebiet und steigern dies wohl dosiert zu größeren Ausflügen, wo Ihr Vierbeiner auf viele Mensche oder viele Hunde trifft. Auch an das Autofahren und das Alleinbleiben müssen Sie Ihren Saarloos kontinuierlich und behutsam gewöhnen. Wie bei vielem ist hier vor allem Geduld gefragt: Lassen Sie sich von Rückschlägen nicht verunsichern, sondern brechen Sie in Stresssituationen die Übung ruhig und gelassen ab und versuchen Sie es später einfach erneut. Auch wenn es verlockend ist Ihren nervös gewordenen Hund mit tröstenden Worten oder Streicheln zu beruhigen – tun Sie es nicht, denn das würde ihn in seinem Stress und seiner Angst nur bestätigen. Holen Sie ihn einfach aus der Stresssituation heraus und geben Sie ihm den Schutz, den er in diesem Augenblick braucht. So lernt er, dass er sich jederzeit auf Sie verlassen kann.
Wie hat die Hundeerziehung Erfolg?
Der Saarloos Wolfhond gilt gemeinhin als schwer- bis nicht erziehbar. Das stimmt so jedoch nicht. Ein Saarloos, der von klein auf gut sozialisiert wurde und der gelernt hat, dass er Ihnen als seiner „Leitfigur“ vertrauen kann, ist durchaus in der Lage Befehlen zu folgen. Allerdings sollte man bedenken, dass der Saarloos über eine hohe Intelligenz und ausgeprägte Eigenständigkeit verfügt, die ihn naturgemäß dazu bringt „mitzudenken“ und den Sinn Ihrer Befehle zu hinterfragen. Es braucht deshalb einiges an Ideenreichtum, um diesen Rassehund für Erziehungsübungen zu motivieren. Mit abwechslungsreichen Übungen und Spielen, viel Auslauf (mindestens zwei bis drei Stunden täglich und am besten viel Abwechslung bei der täglichen Streckenauswahl) sowie einem Halter, der genügend Zeit, Ruhe, Geduld und Fachwissen verfügt, kann die Erziehung dieses anspruchsvollen Rassehundes durchaus gelingen.