Groß, schwer und massig: Der aus Portugal stammende Rafeiro do Alentejo ist zweifellos eine imposante Erscheinung. Als Herdengebrauchshund beschützt und behütet er seine Herde selbständig und zuverlässig. Als reiner Begleit- und Familienhund eignet er sich hingegen weniger.
Charakter
Nachts läuft der Rafeiro do Alentejo zur Höchstform auf: Seinem aufmerksamen Blick, seinem guten Geruchssinn und seinen hervorragenden Ohren entgeht nichts. Wer es wagt, sein Territorium zu betreten, wird ohne Vorwarnung gestellt und notfalls angegriffen. Hirten, die einen Rafeiro do Alentejo ihr Eigen nennen, brauchen Viehdiebe oder wildernde Tiere sicherlich nicht mehr zu fürchten.
Ein Herdenschutzhund als Familienhund?
Als reiner Liebhaberhund, dessen einzige Aufgabe es ist, seine Familie zu begleiten und zu beschützen, ist der portugiesische Rassehund hingegen gänzlich ungeeignet. Zwar steht er seiner Familie treu und loyal zur Seite, doch seine angeborene Schärfe ist selbst mit einer konsequenten Erziehung nur schwer kontrollierbar. Schließlich ist der intelligente und selbstbewusste Rafeiro seit jeher gewohnt, selbständig zu arbeiten und zu handeln. Unterordnungsbereitschaft und Gehorsam gehören hingegen nicht zu seinen Stärken.
Erziehung zwischen Konsequenz und Freiheit
Wer einen Rafeiro do Alentejo halten möchte, sollte ihm ein großes Revier bieten können, in dem er seinen Wach- und Schutztrieb nach Lust und Laune ausleben kann. Das heißt natürlich nicht, dass man diesen Hund einfach gewähren lassen sollte. Ein verantwortungsvoller Halter sozialisiert und erzieht seinen Hund von Anfang an. Er zeigt ihm klar und deutlich, wer die Zügel in der Hand hält und wo seine Grenzen sind. Gleichzeitig akzeptiert er aber auch, dass sein Vierbeiner seine Freiheiten braucht. Ein „braves Schoßhündchen“ wird aus dem Rafeiro sicherlich nie.
Erscheinungsbild
Wenn der Rafeiro do Alentejo auftaucht, ergreifen Viehdiebe und Wildtiere schnell die Flucht: Wer möchte sich schon mit einem solch großen und wuchtigen Hund anlegen?
Der portugiesische Rassehund ist mit einer Widerristhöhe von bis zu 76 cm und einem Gewicht von etwa 50 kg eine sehr auffällige Erscheinung. Sein massiger Kopf und sein kräftiger und muskulöser Körper vermitteln einen wehrhaften Eindruck. Sein Gegenüber blickt er aus kleinen, braunen Augen, zwischen denen sich eine leichte Furche abzeichnet, gelassen an – doch seinem aufmerksamen Blick entgeht dabei nichts.
Massiger Körperbau
Trotz seiner massigen Gestalt und seines etwas behäbigen und schwerfälligen Gangs wirkt der Körper des Rafeiro insgesamt eher lang als breit. Der Hals bietet einen guten Übergang zur Schulter, der Rücken ist gerade. Die gut behaarte und am Ansatz verdickte Rute ist eher tief angesetzt und bildet in Erregung einen leichten Bogen nach oben. In Ruhestellung reicht sie bis zum Sprunggelenk. Die wenig beweglichen Ohren des Rafeiro sind mittelgroß und fallen gefaltet zur Seite.
Dichtes Fell in vielen Farben
Das dichte, glatte Fell des portugiesischen Herdengebrauchshundes ist kurz bis mittellang und verfügt über reichlich Unterwolle, die ihm bei jeder Witterung einen zuverlässigen Schutz bietet. Den Rafeiro do Alentejo gibt es in den Farben Schwarz, Wolfgrau, Falbfarben oder Gelb mit und ohne weiße Flecken. Auch eine weiße Grundfarbe mit gelben Flecken, sowie gescheckte oder gestromte Exemplare sind laut Rassestandard zugelassen.
Geschichte
Der Rafeiro do Alentejo stammt – wie sein Name bereits verrät – aus der portugiesischen Region Alentejo, die sich südlich des Flusses Tejo bis an die Algarve erstreckt. Der Rassehund, der innerhalb der FCI der Gruppe 2 (Molossoide), Untersektion Berghunde, angehört, blickt auf eine lange Geschichte als Herdengebrauchshund zurück. Zwar ist über die genaue Herkunft der seltenen Rasse wenig bekannt, doch es wird vermutet, dass seine Stammväter in den molossoiden Hunden des mittleren Ostens zu finden sind. An seiner Entstehung war vermutlich auch der ebenfalls aus Portugal stammende Hirtenhund Cao da Serra da Estrela (Estrela Berghund) beteiligt.
Herdenschutzhund und Statussymbol
In der Tiefebene von Alentejo setzten die Hirten den großen Hund zum Hüten und Treiben des Viehs ein. Darüber hinaus sorgte der furchtlose Vierbeiner für den Schutz der ihm anvertrauten Herde, indem er Übergriffe von wilden Tieren oder Viehdieben zuverlässig abwehrte. Besonders nachts verteidigte der Rafeiro de Alentejo seine Herde bis aufs Blut. Wohlhabende Großgrundbesitzer schätzten den imposanten Hund nicht nur als wachsamen Beschützer, sondern auch als Statussymbol für Stärke und Macht.
Vor dem Aussterben bewahrt
Mit fortschreitender Industrialisierung und der Abnahme des Großgrundbesitzes wurde der Rafeiro immer seltener. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Hunde dieses Typs fast ausgestorben. Nichtsdestotrotz sorgte ein kleiner Liebhaberkreis dafür, dass die Rasse erhalten blieb. 1940 wurde ein erster Rassestandard festgelegt. 14 Jahre später erkannte die Fédération Cynologique Internationale (FCI) die Rasse endgültig an.
Zucht und Verbreitung heute
Trotz der Bemühungen seiner Anhänger konnte sich die Rasse des Rafeiro do Alentejo bis heute nur in geringem Maß etablieren. Der Weg zum Familienhund, den viele ursprüngliche Arbeits- und Gebrauchshunde einschlugen, bleibt ihm aufgrund seines nicht ganz unproblematischen Charakters weitestgehend versagt. So finden sich nur wenige Züchter, die sich dieser speziellen Rasse angenommen haben.
Was Sie vor dem Kauf beachten sollten
Wer sich für einen reinrassigen Rafeiro do Alentejo interessiert, muss zum Teil weite Wege auf sich nehmen, um einen geeigneten Züchter zu finden. Allerdings sollten Menschen, die sich diesen Hund aus reinen Liebhabergründen anschaffen möchten, von einem Kauf ohnehin besser Abstand nehmen. Der Rafeiro ist und bleibt ein hervorragender Herdengebrauchshund und sollte auch in einem solchen Kontext gehalten werden. Wer aus ihm einen familientauglichen Begleithund machen möchte, tut weder sich selbst noch dem Hund damit einen Gefallen.
Gesundheit und Lebenserwartung
Rassetypische Krankheiten sind aufgrund der geringen Verbreitung der Rasse kaum bekannt. Der Rafeiro ist ein sehr robuster Hund, dessen Lebenserwartung mit 12 bis 14 Jahren vergleichsweise hoch ist. Wie alle Hunde seiner Größe und seines Formats können aber auch bei ihm Gelenkprobleme, wie HD (Hüftgelenksdysplasie) oder ED (Ellenbogendysplasie) auftreten.
Rafeiro do Alentejo Ernährung
Grundsätzlich stellt die Rasse des Rafeiro do Alentejo keine speziellen Anforderungen an ihre Ernährung. Doch eine ausgewogene und gesunde Ernährung ist natürlich auch bei diesem Hund wichtig – auch oder besonders in Hinblick auf mögliche Gelenkprobleme. So sollte im Anschluss an die energiereiche Welpenkost zunächst ein eher proteinärmeres Futter gereicht werden, um ein zu schnelles Wachstum des Junghundes zu vermeiden. Beim ausgewachsenen Adult-Hund darf der Energiewert des Futters wieder erhöht werden. Nun sollte in erster Linie frisches Fleisch, über das die notwendige Menge tierischen Eiweißes aufgenommen wird, den Futternapf füllen. Frisches Gemüse und Reis eignen sich als gesunde Beilage. Fisch kann als Alternative zum Fleisch gegeben werden.
Individuelle Nährstoff-Bedürfnisse müssen beachtet werden
Die genaue Menge und Zusammensetzung des Futters sollte sich dabei an den individuellen Bedürfnissen des jeweiligen Hundes orientieren. Diese können je nach Alter, Größe und Aktivitätspensum recht unterschiedlich sein. Generell gilt jedoch, dass die Summe lebensnotwendiger Nährstoffe weniger über Masse als über qualitativ hochwertige Inhaltsstoffe erreicht werden sollte. So kommt selbst ein so großer und schwerer Hund wie der Rafeiro do Alentejo mit ein bis zwei Mahlzeiten pro Tag gut aus. Unabhängig davon sollte ihm reichlich frisches Trinkwasser zur Verfügung stehen.
Pflege
Der Rafeiro do Alentejo ist ein recht pflegeleichter Hund, dessen kurzes, glattes Fell keiner besonderen Pflege bedarf. Regelmäßiges Ausbürsten ist aufgrund der dichten und kräftigen Haare jedoch notwendig. Ebenso sollten Zähne, Krallen und Ohren hin und wieder kontrolliert und gereinigt werden. Es erweist sich dabei als Vorteil, wenn der Rafeiro bereits als Welpe an die nötige Pflege-Prozedur gewöhnt wird. Schließlich werden Sie einen solchen großen und kräftigen Hund kaum festhalten können, wenn er nicht freiwillig „sitzen“ bleibt.
Haltung und Erziehung
Auch wenn sein behäbiger Gang und der gelassene, leicht gelangweilte Ausdruck etwas anderes vermuten lassen: Der Rafeiro do Alentejo ist außerordentlich ausdauernd – und schnell, wenn es darauf ankommt. Er rennt und läuft gern stundenlang durch sein „Revier“, kontrolliert ob alles seine Richtigkeit hat und handelt sofort, falls dies nicht der Fall ist. Das Leben in einer Stadt, zwischen beengten Gärten, Häusern und begrenzten Hundewiesen ist für diesen freiheitsliebenden Hund genauso ungeeignet wie eine Zwingerhaltung. Der Rafeiro braucht ein großes Areal, in dem er unabhängig von Straßenverkehr und Nachbarn seiner Leidenschaft – dem Schützen und Bewachen von Haus, Hof und Vieh – nachgehen kann.
Exzellenter Herdenschutzhund und unerschrockener Wächter
Seine ureigene Aufgabe sollte vom Halter unbedingt ernst genommen werden. Wer dem ursprünglichen Herdengebrauchshund keine ganze Viehherde bieten kann, sollte zumindest ein großes Grundstück besitzen, dessen Bewachung er dem aufgeweckten und mutigen Vierbeiner anvertrauen kann. Seine hohe Aufmerksamkeit und seine Unerschrockenheit machen den Rafeiro besonders nachts zu einem exzellenten Wachhund. Die für diese Aufgabe sinnvolle Schärfe erfordert gleichzeitig aber auch einen sehr erfahrenen Hundeführer.
Nur für fortgeschrittene Hundeführer geeignet
Der Rafeiro de Alentejo gehört keinesfalls in die Hände von Anfängern. Zwar gilt er als familienorientiert und treu, doch seine selbstbewusste und dominante Art machen das tägliche Zusammenleben mit ihm zu einer Herausforderung. Ohne eine frühzeitige Sozialisation und eine feste, konsequente Erziehung lässt sich diesem portugiesischen Kraftpaket nicht beikommen. Spielerische Trainingsaufgaben und die Belohnung mit Leckerlis reichen bei der Erziehung dieses unbestechlichen und wenig fügsamen Hundes sicherlich nicht aus. Der Rafeiro möchte ernst genommen werden und braucht seinem Wesen entsprechende Aufgaben, um in der heutigen Gesellschaft zurecht zu kommen. So kommt es in seiner Erziehung nicht nur auf Erfahrung und Geschick an, sondern auch auf Geduld und Verständnis für die Bedürfnisse dieses mächtigen Schutzhundes.