Merle-Faktor beim Hund: Schönheit mit Schattenseiten Dieser Artikel ist tierärztlich verifiziert

Merle-Faktor beim Hund

Der Merle-Gendefekt kommt besonders häufig beim Australian Shepherd vor.

Der Merle-Faktor führt zu besonderen Hunden mit hellen Flecken und Sprenkeln. Dahinter verbirgt sich allerdings ein Gendefekt, der mit unheilbaren Krankheiten verbunden sein kann. Hier finden Sie alle wichtigen Informationen über den Merle-Faktor beim Hund.

Was ist der Merle-Faktor beim Hund?

Der Merle-Faktor (auch kurz Merle oder Merle-Gendefekt genannt) ist eine bestimmte Fellfarbe bei Hunden. Merle-Hunde haben typischerweise einen hohen Anteil an Weiß, oft in Form von Flecken. Gelegentlich ist die beliebte Fellfarbe auch mit einem oder zwei blauen Augen verbunden.

Der Grund dafür ist, dass das ursächliche Merle-Gen nur das braun-schwarze Pigment Eumelanin aufhellt. Gelb-rote Fellbereiche mit dem Pigment Phäomelanin bleiben dagegen ungefärbt.

Wie entsteht der Merle-Faktor beim Hund?

Der Merle-Fellfarbe liegt der sogenannte Merle-Gendefekt zugrunde. Dieser entsteht durch eine Mutation des Silver-Locus-Gens Pmel17 – also durch eine dauerhafte Änderung des Erbguts.

Um den Merle-Gendefekt bei Hunden genauer zu verstehen, ist die Definition von sogenannten Allelen erforderlich. Hierbei handelt es sich um verschiedene Varianten des Gens, die die Ausprägung vom Merle-Faktor bestimmen:

Allel Bezeichnung
M Merle
m Kein Merle (Wildtyp)
Mc Kryptisches Merle (cryptic)
Mc+ Kryptisches Merle plus
Ma Atypisches Merle
Ma+ Atypisches Merle plus
Mh Harlekin Merle

Wie wird der Merle-Gendefekt beim Hund vererbt?

Der Merle-Gendefekt hat einen autosomal intermediären (unvollständig dominanten) Erbgang. Das bedeutet, dass das dominante Merle-Allel (M) das rezessive Wildtyp-Allel (m) nicht vollständig unterbindet. Das rezessive und normale Wildtyp-Allel hat daher auch eine gewisse Aktivität.

Welche Farbe Ihr Hund hat, hängt also von der Kombination der Allele ab, die er von seinen Eltern erhält.

Merlefaktor beim Hund © Nikol / stock.adobe.com
Der Merle-Faktor ist genetisch bedingt und erhöht das Risiko für bestimmte Krankheiten.

Welche Rassen sind vom Merle-Gendefekt betroffen?

Es gibt verschiedene Hunderassen, bei denen das Vorkommen des Merle-Faktors bekannt ist. Besonders oft betroffen sind:

Gibt es Tiere dieser Rassen ohne Merle-Gendefekt?

Es gibt eine große Anzahl von Genen, die die Fellfarbe von Hunden beeinflussen. Aus diesem Grund gibt es auch viele Tiere der oben genannten Rassen, die den Merle-Faktor nicht in sich tragen.

Sind Merle-Hunde anfälliger für Krankheiten?

Nicht jeder merlefarbene Hund ist krank. Dennoch haben Merle-Hunde ein höheres Risiko, bestimmte Krankheiten zu entwickeln.

Da die Eumelanin erzeugenden Melanozyten auch an der Entwicklung der Sinneszellen von Augen und Ohren beteiligt sind, kann der Merle-Gendefekt bei Hunden zu entsprechenden Sinnesstörungen führen:

Blindheit

Der Merle-Gendefekt kann bei Hunden zu vererbbaren Augenproblemen und Blindheit führen. Insbesondere reinerbige Merle-Hunde leiden häufig an Missbildungen der Augen. Dazu zählen:

  • Dyskorie: entrundete Pupillen
  • Kolobome: Spaltbildung der Augenhäute
  • Mikrophthalmie: zu kleiner Augapfel

Taubheit

Hunde mit dem Merle-Gen haben ein höheres Risiko, angeborene Hörschäden zu erleiden. Ursache dafür sind krankhafte Veränderungen im Innenohr, die von den Erbanlagen abhängen:

  • 10 Prozent reinerbiger Merle-Hunde sind einseitig taub
  • 15 Prozent reinerbiger Merle-Hunde sind beidseitig taub
  • 2,7 Prozent mischerbiger Merle-Hunde sind einseitig taub
  • 0,9 Prozent mischerbiger Merle-Hunde sind beidseitig taub

Sind Merle-Hunde Qualzuchten?

Dass jeder Hund mit der Farbe Merle eine Qualzucht ist, kann man so pauschal nicht sagen, da das Merle-Gen keine direkten körperlichen Deformationen mit sich bringt.

Laut §11b Absatz 1 des Tierschutzgesetzes ist es „verboten, Wirbeltiere zu züchten […] soweit […] züchterische Erkenntnisse […] erwarten lassen, dass als Folge der Zucht […] bei der Nachzucht […] erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten“.

Daher ist die Zucht mit zwei Merle-Schecken in Ländern wie Deutschland verboten. Denn werden zwei Hunde mit mindestens einem Merle-Allel verpaart, kommt mit hoher Wahrscheinlichkeit mindestens einer der Welpen unheilbar krank zur Welt.

Was hingegen nicht verboten ist, ist die Verpaarung eines mischerbigen Merle-Tigers mit einem Hund ohne den Defekt.

Welpen nur von seriösen Züchtern kaufen

Leider kommt es immer wieder vor, dass dubiose Züchter oder uninformierte Hundehalter Merle-Träger miteinander verpaaren.

Deshalb ist es wichtig, beim Kauf eines Welpen darauf zu achten, dass der Züchter seriös ist.

Prävention beginnt vor der Zucht

Um sicherzustellen, dass Ihre Hunde gesunde Welpen zur Welt bringen, ist es wichtig, dass Sie verantwortungsvoll züchten. Um von vornherein auszuschließen, dass kranke Merle-Hunde geboren werden, sollten Sie daher Ihre Elterntiere auf Gendefekte untersuchen lassen.

Sie können sich entweder an Ihren Tierarzt wenden oder sich bei kommerziellen Anbietern von Gentests informieren. DNA-Analysen (Gentests) bieten inzwischen verschiedene Gen-Labore an.

Trägt mein Hund den Merle-Faktor?

Aus den Ergebnissen der Gentests der Elterntiere lässt sich schließen, ob diese den Merle-Faktor tragen.

Die folgende Tabelle zeigt typische Beispiele von Genotypen (Zusammensetzung des Merle-Gens) und daraus folgenden Phänotypen (Fellfarbe):

Genotyp Ausprägung                                      Fellfarbe in Kombination mit „m“
mm Ihr Hund ist reinerbig und trägt zwei Wildtypallele und keine Merle-Allele kein Merle
Mm Ihr Hund ist mischerbig. Er trägt ein normales Allel und ein Merle-Allel Merle (helldunkle Scheckung)
MM Ihr Hund ist reinerbig und trägt zwei Merle-Allele Merle (komplett weiß)

Quellen:


Franziska G., Tierärztin
Profilbild von Tierärztin Franziska Gütgeman mit Hund

An der Justus-Liebig-Universität Gießen wurde ich zur Tierärztin ausgebildet und durfte Erfahrungen in verschiedensten Bereichen sammeln. Seitdem arbeite ich nicht nur als tierärztliche Autorin, sondern auch an meiner Dissertation. Mein Ziel ist es, Tiere vor krankheitserregenden bakteriellen Erregern zukünftig besser zu schützen. Neben meinem tierärztlichen Wissen teile ich meine eigenen Erfahrungen als glückliche Hundebesitzerin. Dadurch kann ich Ängste und Probleme nachvollziehen und zugleich über diese aufklären.


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