{"url":"https://www.zooplus.de/magazin/hund/hundeerziehung/medical-training-fuer-hunde","title":"Medical Training für Hunde","mag_id":213601,"is_single":true,"cat_name":"Hund","sub_cat_id":80,"sub_cat_name":"Hundeerziehung","cat_id":79}
Mit Medical Training lassen sich Tierarztbesuche entspannter gestalten.
Ein Besuch beim Tierarzt ist für viele Hunde Stress pur. Doch es gibt eine Hilfestellung: Medical Training für Hunde verhilft Mensch und Tier zu mehr Gelassenheit. Das Prinzip: Der Hund lernt gezielt, sich untersuchen und anfassen zu lassen. So können Hunde unangenehme Situationen stressfrei meistern.
Unangenehme Gerüche, Berührungen von Fremden, Schmerzen und Fixierung am Behandlungstisch: Der Tierarzt-Besuch ist für die meisten Hunde unangenehm.
Viele versuchen erfolglos zu fliehen oder zeigen sogar Aggressionen. Andere sind starr vor Angst. Medical Training bietet dem Hund eine echte Alternative zur – aus Hundesicht – ausweglosen Tierarzt-Situation an.
Der Hund erhält dadurch die Möglichkeit, den Tierarztbesuch mit seinem Menschen nicht hilflos, sondern stressfrei kooperierend zu erleben. Auch andere schwierige Situationen lassen sich mit diesem Training meistern. Dazu zählen zum Beispiel die Fellpflege, das Verabreichen von Augentropfen oder das Entfernen von Zecken.
Übrigens: Viele Zoos arbeiten mit diesem speziellen Tiertraining. Auf diese Weise können einige Exoten ohne Narkose untersucht werden.
Mehr über die Hintergründe von Angst bei Hunden lesen Sie in diesem Beitrag: Ängstlicher Hund.
4 Gründe für Medical Training
Es hilft, Tierarztbesuche entspannter zu gestalten.
Es unterstützt Hundebesitzer im Alltag (Pfotenkontrolle bei Hinken, Zecken entfernen usw.)
Medical Training stärkt die Bindung zwischen Mensch und Hund
Medical Training für Hunde: Die Grundlagen
Die beiden wichtigsten Grundlagen für Medical Training bilden Vertrauen und zielgerichtetes Lernen.
Lerntheorie: Konditionierung und Gegenkonditionierung
Im Medical Training für Hunde spielen Konditionierung und Gegenkonditionierung eine große Rolle.
Konditionieren bedeutet vereinfacht: Lernen infolge von Reizen. Paradebeispiel hierfür waren die Experimente rund um die Pawlowschen Hunde: Sieht ein Hund Futter (unbedingter Reiz), löst dies den Speichelfluss bei ihm aus. Pawlow ließ immer dann eine Glocke erklingen, wenn Futter serviert wurde. Schließlich reichte allein die Glocke aus, um den Speichelfluss anzuregen. Die Glocke wurde also von einem neutralen zu einem bedingten Reiz.
Im Medical Training arbeiten wir mit Gegenkonditionierung und positiver Verstärkung: Ein unangenehmer oder bedrohlicher Reiz (Untersuchung, Hundefriseur etc.) wird mit einem positiven Reiz, einer Futterbelohnung, kombiniert. Wichtig sind hierfür gute Belohnungen wie kleine Trainingsleckerlis.
Kooperation lernen
Das Ziel des Medical Trainings ist, den Hund zur Zusammenarbeit bei notwendigen Untersuchungen oder bei der Körperpflege zu bewegen. Denn über Kooperation lässt sich viel mehr erreichen als mit Druck. Bauen Sie Druck auf, wird Ihr Vierbeiner versuchen, dem Druck auszuweichen und stattdessen noch mehr Widerstand zeigen.
Der Clicker im Medical Training für Hunde
Was Sie bis hierher erfahren haben, lässt Sie an Ihren Clicker denken? Ein guter Gedanke! Denn Clickertraining lässt sich hervorragend ins Medical Training integrieren. Schließlich belohnen Sie hierbei viele kleine Zwischenschritte und verstärken diese positiv.
Da Sie bei den Übungen oft beide Hände brauchen, kann es sinnvoll sein, statt des Clickers einen anderen Marker zu verwenden. Beispielsweise ein Schnalzen mit der Zunge.
Kündigen Sie das Training mit einem immer gleichen Wort wie „Untersuchen“ an. Nutzen Sie darüber hinaus einen immer gleichen Untergrund, zum Beispiel eine Badematte. Später können Sie beides mit zum Tierarzt oder Hundefriseur nehmen.
Hilfreiche Übungen und Kommandos für das Medical Training mit Hund
Übungen des Grundgehorsams oder aus dem Target-Training sind eine hilfreiche Ergänzung für das Medical Training mit Hund.
Hierbei ist die Vorbereitung wichtig: Arbeiten Sie mit einem der folgenden Kommandos, sollten Sie das Medical Training erst dann starten, wenn die jeweilige Grundübung problemlos funktioniert.
Grundlegende Kommandos
Nützlich sind beispielsweise folgende Kommandos und Targets:
Sitz- und Platz-Position: Viele Untersuchungen sind mit einem kooperativen Hund zu meistern, der „Sitz“ oder „Platz“ beherrscht.
Pfote geben: „Pfote geben“ ist an den Vorderbeinen die klassische Position für alles rund um Untersuchungen der Vorderpfoten und deren Krallenpflege.
Kinntarget: Der Hund legt sein Kinn auf ein Handtuch oder die Hand des Zweibeiners und bleibt während der Untersuchung in dieser Position. Das ist eine praktische Position für viele Untersuchungen, von der Blutabnahme bis zur Ohruntersuchung.
Seitenlage: Manchmal muss der Hund beim Tierarzt in die Seitenlage – für viele eine echte Herausforderung. Die Seitenlage ermöglicht das Schneiden der Krallen oder bestimmte Ultraschall-Untersuchungen.
Entspannungs-Signale: Ein Entspannungs-Signal kann im Alltag nützlich sein – auch beim Medical Training. So können Sie beispielsweise dem Hund ein Halstuch umlegen. Wenn er das Halstuch trägt, ist Entspannung angesagt. Streicheln Sie Ihren Hund beruhigend und verknüpfen Sie das Signal so langsam mit Entspannungszeit. Allerdings sollte man in einer Tierarzt-Situation nicht zu viel von diesem Signal erwarten.
Schritt für Schritt: Geduld ist entscheidend
Die meisten Hundehalter haben bereits mit Leckerlis gearbeitet, um ihren Hund von etwas Unangenehmem abzulenken. Doch sei an dieser Stelle nochmal betont: Medical Training für Hunde erfordert viel Geduld. Denn es geht vor allem um das langfristige Lernen. Bis Erfolge in der Praxis des Tierarztes zu sehen sind, kann es Monate dauern.
Medical Training für Hunde: 3 Beispiele
Wie trainiert man nun seinen Hund am besten, um den Tierarztbesuch einfach zu gestalten? Wir stellen Ihnen im Folgenden drei Ansätze vor:
Beispiel 1: Einfache Untersuchung
Untersuchen üben
Gewöhnen Sie den Vierbeiner zuerst daran, sich überall anfassen zu lassen. Starten Sie ganz einfach.
Berühren Sie zunächst den Hund und lassen Sie Ihre Hand zwei bis drei Sekunden auf einer Stelle liegen. Belohnen Sie ihn, wenn er ruhig bleibt. Wiederholen Sie dies einige Male an einfachen Stellen wie dem Rücken.
Arbeiten Sie sich danach langsam zu schwierigeren Bereichen wie der Pfote vor. Können Sie Ihre Hand auf der Pfote liegenlassen, trainieren Sie das Anheben.
Beispiel 2: Zecken entfernen
An die Zeckenzange gewöhnen
Üben Sie das Annähern an den Hund mit der Zeckenzange solange, bis dieser entspannt bleibt. Erst dann gehen Sie zum nächsten Schritt über. Fassen Sie Ihren Hund an, während Sie die Zeckenzange in der anderen Hand halten. Bleibt der Hund ruhig, können Sie die Zange ansetzen.
Erst im letzten Schritt wird die Zecke herausgezogen. Diese schrittweise Gegenkonditionierung bezeichnen Experten auch als Desensibilisierung.
Was mache ich in der Zwischenzeit mit Zecken? Am besten gut vorbeugen. Doch zur Not müssen Sie die Zecke unter Ablenkung ziehen. Verwenden Sie dabei aber nicht die Signale (Wort und Tuch) für das Medical Training.
Beispiel 3: Ohren untersuchen
Ohrenuntersuchung
Voraussetzung für diese Art des Medical Trainings für Hunde ist: Der Vierbeiner beherrscht das Kommando „Sitz“ problemlos über einen längeren Zeitraum. Alternativ können Sie Ohrenuntersuchungen mit dem Kinntarget auf einem Handtuch einüben. Doch die meisten Hunde erlernen „Sitz“ schneller.
Schritt 1
Während Ihr Vierbeiner im „Sitz“ verweilt, bewegen Sie Ihre Hand zum Ohr. Bleibt er ungerührt sitzen, belohnen Sie ihn. Zuckt er zurück, gibt es keine Belohnung. Bei einem Rückzug machen Sie eine kurze Pause. Lassen Sie Ihren Hund jetzt etwas machen, was er gut kann, und belohnen Sie ihn dafür.
Ist der Hund entspannt, geht es wieder ins „Sitz“. Ihre Hand nähert sich dem Ohr erneut, Sie geben jedoch früher, wenn der Hund noch entspannt ist, eine Belohnung. So nähern Sie sich dem Ohr Stück für Stück an.
Schritt 2
Toleriert Ihr Vierbeiner die Annäherung ans Ohr, können Sie die Hand darauf legen. Klappt das gut, gibt es sofort eine Belohnung. Weiten Sie anschließend den Zeitraum aus, bis Sie das Ohr eine Minute lang anfassen können.
Zuckt er hingegen zurück, gehen Sie zu Schritt eins zurück. Wichtig ist, Ihrem Hund zu zeigen, dass Sie seine Wünsche respektieren und ihm für Ihrerseits erwünschtes Verhalten viele Belohnungen zukommen zu lassen. So gewinnt er mehr und mehr Vertrauen.
Schritt 3
Klappt das Anfassen des Ohres so, dass Ihr Hund dabei komplett entspannt ist, können Sie sich langsam an die Untersuchung oder die Pflege machen. Auch hier gilt: Kooperiert der Hund, gibt es viele Belohnungen. Dreht er den Kopf weg oder weicht aus, stellen Sie die Belohnungen sofort ein, zwingen Ihren Vierbeiner aber zu nichts.
Wichtig: Wechseln Sie die Trainingsorte regelmäßig mit dem immer gleichen Untergrund (Badematte oder ähnliches), um eine Generalisierung zu erreichen. Schließlich wollen Sie nicht, dass Ihr Hund nur im heimischen Wohnzimmer kooperiert.
Auch die „Untersucher“ sollten im fortgeschrittenen Training abwechseln. Arbeiten Sie mit einem Clicker oder einem anderen Marker, sollten Sie Ihren Hund vor jeder Belohnung damit positiv verstärken.
Weitere Tipps rund ums Medical Training
Je jünger Ihr Hund ist, desto einfacher ist das Training. Ist der Vierbeiner bereits vorbelastet und sucht beim Anblick einer Bürste panisch das Weite, müssen Sie mehr Geduld mitbringen.
Als Zeichen für eine neue Routine können – neben dem Trainingsuntergrund – neue Utensilien wie eine andersfarbige Bürste helfen. Mit Schmerz verbundene Ziele wie „Haare aus den Ohren zupfen“ sind für fortgeschrittene Teams.
Weitere Tipps fürs Medical Training mit Hund:
Mit kleinen Schritten zum Ziel: Nehmen Sie sich nicht zu viel vor.
Je entspannter der Start, desto besser verläuft das Training.
Arbeiten Sie mit Ihrem Hund möglichst auf Augenhöhe und nicht von oben.
Bei Knurren / Ausweichen: Bestrafen Sie Ihren Hund auf keinen Fall, sondern brechen Sie die Übung ab und gehen Sie wieder einen Schritt zurück.
Wie so oft beim Training mit oder ohne Hund gilt: Der Weg ist das Ziel. Wer Medical Training für Hunde geduldig aufbaut und auf die Signale seines Hundes achtet, lernt viel über den Vierbeiner. Mittlerweile bieten auch einige Trainer in Hundeschulen Medical-Training-Kurse an.
Medical Training für Hunde: Viele Wege führen zum Ziel
Ob mit oder ohne Clicker und Targets – es gibt rund ums Medical Training für Hunde viele Varianten. Entscheidend sind die kleinen Schritte, die dem Hund ermöglichen, positive Erfahrungen zu sammeln, um ihm mehr Sicherheit für Tierarztbesuche und Vertrauen in Sie zu geben.
Anna Oblasser-Mirtl / Barbara Glatz: Medical Training für Hunde, München 2020
Kerstin S.
Das zooplus-Forum war für mich der Einstieg ins freiberufliche Schreiben: Hier kamen 2011 interessierte Katzenfreunde zusammen, um ein eigenes Print-Magazin namens „Pfotenhieb“ zu entwickeln. Neben meinem Germanistik-Studium durfte ich einige Beiträge für den „Pfotenhieb“ verfassen. Heute widme ich mich, mittlerweile als glückliche Hundehalterin, vor allem Tier- und Gesundheitsthemen.
Eine schlabbrige Zunge auf der Haut finden manche Hundefreunde klasse, andere nicht so sehr. Doch eine Frage bleibt: „Warum leckt mein Hund mich ab?“ Dieser Artikel erklärt Ihnen, warum Hunde diese Geste so häufig zeigen.
Manche Hunde kommentieren jedes Ereignis mit lautstarkem Bellen. Klar, Bellen gehört zum Hund dazu und ist seine Art, sich mitzuteilen. Aber wenn Ihr Vierbeiner unkontrolliert bellt, sollten Sie wortwörtlich aufhorchen. Wir geben Tipps, wie Sie Ihrem Hund das Bellen abgewöhnen.
Wenn Hunde nicht hören oder sich aggressiv gegenüber Artgenossen verhalten, wird dieses Verhalten häufig mit Dominanz erklärt. Doch was bedeutet Dominanz bei Hunden eigentlich und wie bekommen Sie diese bei Ihrem Hund in den Griff?