Katzenexpertin im Interview

Lieben Katzen „ihre“ Menschen?

lieben Katzen
Sind Nasenstupser, Anlecken und Co. ein Indiz für die Liebe von Katzen zu ihren Haltern?

Können Katzen Gefühle wie Liebe empfinden? Wenn ja, wie äußert sich ihre Zuneigung? Eine Verhaltenstherapeutin für Tiere gibt Auskunft.

Die Wissenschaft ist sich inzwischen weitgehend einig, dass auch Tiere Gefühle haben. Doch wie weit reichen die Gefühle, die Katzen für ihre Besitzer empfinden? Kann man hier wirklich von Liebe sprechen? Im Interview mit der Katzenexpertin Dr. Renate Jones-Baade versuche ich, der Sache auf den Grund zu gehen.

Die Tierärztin führt eine Praxis für Tier-Verhaltenstherapie in München. Jones-Baade ist außerdem Autorin mehrerer Ratgeber über Katzen und Hunde. Ich habe sie danach gefragt, ob Katzen für die Menschen, mit denen sie zusammenleben, Liebe empfinden können.

Interview mit Renate Jones-Baade

Liebe ist ein Gefühl starker Zuneigung und inniger Verbundenheit. Können Katzen so etwas wie Liebe empfinden? Oder stimmt das Vorurteil, dass sie ihre Besitzer nur als „Dosenöffner“ betrachten?

Jones-Baade: Liebe müsste erst mal definiert werden: Geht es um die Liebe eines Partners, eines Freundes, etc.? Die Definition von Liebe ist ein menschliches Konstrukt. Eine bessere Bezeichnung wäre eventuell Bindung. Es ist eigentlich ganz selbstverständlich, dass sich Bindung an den Halter entwickelt: er ist immer da, er vermittelt ein Gefühl der Sicherheit, er ist die Quelle für alle lebenswichtigen Dinge  – und natürlich auch Futter.

Wie zeigt eine Katze, dass sie Zuneigung für „ihren“ Menschen empfindet? Welche Verhaltensweisen gelten als typische Liebesbeweise?

Jones-Baade: Zugehörigkeitssignale sind die Duftübertragung, zum Beispiel durch Köpfchen geben, mit dem Menschen „sprechen“ über Miauen oder den Körperkontakt mit ihnen suchen.

Mein Kater hält sich gern in meiner Nähe auf, meistens ist er im gleichen Zimmer wie ich. Ist das auch ein Zeichen von Zuneigung?

Jones-Baade: Wenn Katzen die Nähe ihres Besitzers suchen, zeigt das ihre Bindung an ihn und ihr Vertrauen.

Wie sieht es mit Nasenstupsern aus?

Jones-Baade: Wenn Katzen ihre Besitzer mit der Nase anstupsen, ist das in der Regel freundlich gemeint. Dieses Verhalten entspricht dem Köpfchen geben.

Auch das Abschlecken gilt allgemein als Liebesbeweis –  mein Kater schleckt zum Beispiel hin und wieder meine Hand ab. Heißt das, er mag mich gern?

Jones-Baade: Gerade das Abschlecken kann vielfältig interpretiert werden. Es kommt immer auf die jeweilige Situation an.

So kann sich eine Katze einer anderen Katze annähern und sie durch intensives Ablecken dazu bringen, einen bestimmten Platz zu räumen. In diesem Fall wäre Ablecken eine Art aggressives Verhalten: „Ich leck dich so sehr, dass es dir lästig wird und du gehst!“

Wenn Ihr Kater Ihre Hand abschleckt, kann das auch bedeuten, dass er Ihr Duschgel oder Ihre Handcreme mag.

Was kann ein Katzenhalter tun, um die Bindung zu seiner Katze zu stärken?

Jones-Baade: Sprechen und tatsächlich füttern. Auch die Bindung eines Menschenkindes zu seiner Mutter oder Amme erfolgt ja zunächst über „Futter“, Wärme, das Gefühl von Sicherheit.

Sie haben das Thema „Dosenöffner“ angesprochen, also dass Katzen uns nur als Futterlieferant wahrnehmen würden. Aber mal ehrlich, was ist verkehrt an Futter und Wärme?

Streicheln ist übrigens nicht unbedingt hilfreich. Streicheln wirkt eigentlich nur dann positiv, wenn das Tier gut mit Menschen sozialisiert und frühzeitig an Berührungen gewöhnt ist.

katze futternapf © Chalabala / stock.adobe.com
Regelmäßiges Füttern stärkt die Bindung zwischen Mensch und Katze.

Was bedeutet gut sozialisiert?

Jones-Baade: Mit Sozialisation (mit Menschen) ist gemeint, dass die Tiere frühzeitig –  schon in den ersten Lebenswochen –  Menschen kennenlernen. Eine Katze muss von klein auf an Menschen und Berührungen gewöhnt werden, damit sie Kontakt mit Menschen genießen kann. Eine Katze, die nicht rechtzeitig in ihrem Leben ausreichend gute Erfahrungen mit Menschen gemacht hat, wird den Kontakt mit Menschen nicht ohne Weiteres schätzen und sich wahrscheinlich nicht gerne streicheln lassen.

In einer wissenschaftlichen Untersuchung hat man herausgefunden, dass Streicheln die Cortisol-Ausschüttung bei vielen Katzen verstärkt –  also Stress auslöst. Das würde das „Petting and Biting“-Syndrom gut erklären, bei dem die Katze während des Streichelns plötzlich zuschlägt oder -beißt.

Bei Menschen hingegen führt das Streicheln zu einer Cortisol-Verminderung, ein Anzeichen dafür, dass Stress verringert wird.

Immer wieder liest man von Hunden, die um ihr verstorbenes Herrchen oder Frauchen trauern. Gilt das auch für Katzen?

Jones-Baade: Ich persönlich kenne Katzen, die über geraume Zeit getrauert haben, wenn eine Partnerkatze gestorben ist. Ein Anzeichen ist, für lange Zeit nicht zu fressen. Das kann so weit gehen, dass man medizinisch einschreiten muss.

In Bezug auf die Beziehung zwischen Menschen und Katzen habe ich diesbezüglich keine persönlichen Erfahrungen. Wahrscheinlich, weil ein neuer Besitzer in solchen Fällen auch einen neuen Tierarzt konsultiert hat.

Grundsätzlich ist der Verlust eines so lebenswichtigen Faktors wie der Hauptbezugsperson eine angsterregende Erfahrung. Schon das Verreisen oder ein Krankenhausaufenthalt des Halters kann für eine Katze sehr verstörend sein und sich in allen möglichen Verhaltensauffälligkeiten äußern.

Eure Erfahrungen mit kätzischen „Liebesbeweisen“

Soweit das Interview mit der Katzenexpertin. Wie sieht es bei euch aus? Zeigt dir deine Katze, dass sie dich mag? Erzähl uns doch mal von den „Liebesbeweisen“ deiner Samtpfote. Wir freuen uns auf deinen Kommentar!

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