Eine Zugfahrt im Februar 2015 hat mein Leben verändert. Im Gepäck: Meine neue Mitbewohnerin Mimi und jede Menge Zweifel. Wohin unsere Reise uns geführt hat, verraten wir hier.
Anfang 2015 hatte ich große Pläne für das neue Jahr: Eine berufliche Neuausrichtung und die Suche nach unserer ersten gemeinsamen Wohnung standen an. Da ahnte ich noch nicht, dass es noch eine dritte große Veränderung geben wird.
Anruf des Schicksals
Unser Plan war, eine katzengerechte Wohnung zu finden und nach dem Umzug zwei ältere Katzen aus dem Tierheim zu adoptieren. Allerdings kam wie so oft alles anders. Ende Januar rief mich eine Freundin an: „Es gibt da eine Katze, die Hilfe braucht. Du liebst doch Katzen, vielleicht kannst du ihr helfen?“
Ein Mitglied ihrer Familie, zu dem nur unregelmäßiger Kontakt bestand, war nicht mehr in der Lage sich um Katze Mimi zu kümmern. Deshalb zog sie zu einer benachbarten Familie, die ebenfalls Katzen hatte.
Allerdings sollte ihr Aufenthalt dort nur zur Zwischenstation werden: Mimi fühlte sich zwischen den anderen Stubentigern so unwohl, dass sie so schnell wie möglich ins Tierheim weiterziehen sollte – es sei denn, sie findet Adoptiveltern.
Ein weiter Weg und viele Fragezeichen
Die schwarz-weiße Hauskatze Mimi war damals schon ungefähr zehn Jahre alt. Wir wussten nicht viel über ihren Charakter und ihre Geschichte. Wir erfuhren aber, dass sie ein bewegtes Leben hatte, schon mal auf einem Bauernhof und in einer größeren Stadt gelebt hat, sehr gesprächig ist und neben sich keine anderen Katzen, aber Hunde duldet.
Diese Infos und die Aussicht darauf, eine Katze vor dem Tierheim zu retten, reichten schon, um mein Katzenherz höherschlagen zu lassen und meinen Beschützerinstinkt zu wecken.
Einiges sprach allerdings dagegen, dem ersten Glücksgefühl nachzugeben: Zwei getrennte Wohnungen und wenig Platz, die Unsicherheit, ob die Vermieter eine Katze akzeptieren, chaotische Absprachen mit den Menschen, die Mimi aufgenommen hatten und vor allem die Entfernung – Mimi lebte zu der Zeit in Baden-Württemberg.
Rettung auf Schienen: Mit dem ICE in die neue Heimat
350 Kilometer, vier Stunden Fahrt und viele Fragezeichen trennten uns voneinander. Trotz allem waren mein Freund und ich uns schnell einig: Wir wollen Mimi retten. Doch uns blieb nicht viel Zeit, alles zu organisieren, sonst wäre unsere Adoptivkatze ins Tierheim gekommen.
Als größtes Hindernis stellte sich der Transport heraus. Mitfahrgelegenheiten und Tiertransporte waren über die Distanz nicht zu organisieren. Also setzte ich mich am 8. Februar kurzerhand in den ICE – um Mimi nur wenige Tage nach dem Hilferuf meiner Freundin abzuholen.
Eine lange Zugfahrt mit sehr verständnisvollen Passagieren und viele Klagelieder einer verunsicherten Katze später hatten wir es geschafft. Mimi zog in die Wohnung meines Freunds ein. Wir waren unheimlich gespannt, wie sie sich einleben würde. Für mich war Mimi die erste adoptierte Katze und für meinen Freund die erste Katze überhaupt.
Unser Leben mit Adoptiv-Mimi
Während wir Richtung München fuhren, plagten mich leise Zweifel. War die Aktion zu überstürzt? Würde sich Mimi gut einleben? Heute kann ich sagen: Wir hätten es nicht besser treffen können und hatten großes Glück mit ihr.
Das Vertrauen unserer adoptierten Samtpfote konnten wir schnell gewinnen – gleich in der ersten Nacht machte sie es sich auf dem Kopfkissen meines Freundes bequem und von da an war klar, wer der neue Boss in unserem Leben ist.
Dass sie gesprächig ist, können wir zu 100 Prozent bestätigen. Bekannte vergleichen ihre Stimme oft mit der von Hildegard Knef. Mit knarzenden Tönen kommentiert sie jede kleinste Bewegung – egal ob wir an ihr vorbeilaufen oder sie sich in die Seitenlage wirft, um Streicheleinheiten einzufordern.
Wir haben in den fast acht Jahren mit Mimi auch noch andere liebenswerte Eigenschaften an ihr entdeckt: Bis heute schläft sie bei uns im Bett und möchte wie ein Mensch zugedeckt werden, im Winter ist sie Stammgast auf unseren Schößen und wenn ihr etwas nicht passt, setzt sie sich vorwurfsvoll in unser Blickfeld und schmollt. Außerdem liebt sie Schuhe – genau wie ihre Halterin.
Seniorige Katze adoptieren: Vor- und Nachteile
Ein Punkt, der uns in der kurzen Zeit zwischen Hilferuf und Adoption beschäftigt hatte, war das Alter unserer neuen Mitbewohnerin. Mit zehn Jahren hat eine Samtpfote zwar noch viele schöne Jahre vor sich. Allerdings können bei älteren Katzen häufiger Erkrankungen auftreten als bei Jungtieren. Das war ein Risiko, das wir bewusst eingegangen sind.
Tatsächlich waren die alten Gelenke mitgenommen und müssen geschont werden. Außerdem steht seit der Adoption einmal im Jahr eine OP zur Zahnsteinentfernung an. Wir haben mittlerweile eine Tierärztin gefunden, die Narkosen bei Seniorenkatzen besonders schonend durchführt und sehen, dass Mimi damit sehr gut klarkommt. Sie benötigt zudem zweimal am Tag Tabletten wegen einer Schilddrüsenüberfunktion. Davon abgesehen ist sie die robusteste und tapferste Katze, die ich kenne.
Hin und wieder werden wir daran erinnert, dass Mimi adoptiert ist und auch vor uns schon ein Leben hatte. Auf bestimmte Geräusche oder Bilder in Filmen reagiert sie ängstlich oder aufgewühlt. Und seit wir sie haben, verwechselt sie hin und wieder den Fußboden mit dem Katzenklo. Da wir nicht wissen, was ihr schon widerfahren ist, sind wir immer verständnisvoll mit solchen Verhaltensweisen umgegangen.
Für uns hatte Mimis Alter aber durchaus auch Vorteile. Als Rentnerin war sie viel ruhiger als ein Kätzchen, was auch unserem Charakter eher entspricht. Außerdem hatte sie die Grundregeln des Katzenseins – bis auf kleinere Malheure – schon gelernt.
Wir haben zudem das Gefühl, dass sie sich besser an neue Situationen gewöhnt als eine jüngere Katze: Sie ist mittlerweile zwei Mal mit uns umgezogen und hat sich nach einer kurzen Aufwärmphase problemlos in den neuen Umgebungen eingelebt.
Fazit: Ein echter Glückstreffer
Das Leben mit einer adoptierten Katze hat sich als einfacher erwiesen als gedacht – auch wenn wir nur ein paar Fotos gesehen hatten und Mimis Vorgeschichte, ihr exaktes Alter und ihre bisherigen Erlebnisse nur lückenhaft kannten.
Die Erfahrung mit Mimi hat mir gezeigt, dass die meisten meiner Bedenken vor der Adoption unbegründet waren. Am Ende zählt allein die Tatsache, einer Katze ein ruhiges Rentnerleben und ein schönes Zuhause bieten zu können – ohne dass die alte Dame den Umweg über das Tierheim nehmen musste.
Ich würde mich immer wieder für die Adoption einer älteren Katze aus dem Tierschutz oder aus einer Notsituation entscheiden und dafür jederzeit höhere Tierarztrechnungen in Kauf nehmen. Meine Mimi-Erfahrung hat mir auch gezeigt, dass eine Adoption selbst dann möglich ist, wenn nur eine Woche zwischen der ersten Überlegung und der Adoption liegt.
Mimi war ein absoluter Glückstreffer und inzwischen ist mir für meine Adoptivkatze kein Weg mehr zu weit.
Hast du auch schon mal eine Katze oder einen Hund adoptiert oder denkst darüber nach? Teile deine Geschichte mit uns in den Kommentaren!
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