Circa zwei Millionen Katzen leben, leiden und hungern auf Deutschlands Straßen. Kastrationsprojekte helfen, die Streuner-Population einzudämmen und das Katzenelend zu verringern.
In südlichen Urlaubsländern wie Griechenland, Italien oder Kroatien sind sie ein vertrautes Bild: Streunerkatzen, die um Restaurant-Tische schleichen und die Gäste um Futter anbetteln.
Ich kann den großen runden Katzenaugen und dem kläglichen „Miau“ nicht widerstehen. So teile ich meine Mahlzeiten im Urlaub regelmäßig mit den örtlichen Miezen oder spendiere ihnen ein Schälchen echtes Katzenfutter.
Die wenigsten wissen, dass es auch hier in Deutschland Katzen gibt, die kein Zuhause haben. Experten schätzen, dass hierzulande ungefähr zwei Millionen Katzen auf der Straße leben.
Im Gegensatz zu ihren Artgenossen im Süden sind die hiesigen Straßenkatzen sehr scheu und meiden den Kontakt zu Menschen. Aber sie sind da. Sie verstecken sich auf Friedhöfen, verwilderten Grundstücken oder in aufgelassenen Fabriken und anderen „Lost Places“.
Das Leid der Streunerkatzen
Tag für Tag kämpfen diese Tiere ums nackte Überleben. Sie sind hungrig, krank und von Parasiten befallen. Verletzen sie sich, haben sie niemanden, der sie zum Tierarzt bringt. Sie haben keinen sicheren Unterschlupf, der sie vor Nässe und Kälte schützt – oder vor Menschen, die es nicht gut mit Katzen meinen.
Die harten Bedingungen führen zu einer deutlich geringeren Lebenserwartung: Während eine Hauskatze im Durchschnitt 15 Jahre alt wird, hat eine Straßenkatze meist nur wenige Monate zu leben.
Woher kommen die Straßenkatzen?
Bei den Straßenkatzen in Deutschland handelt es sich um ehemalige Hauskatzen oder um deren Nachkommen. Manche wurden von ihren Besitzern ausgesetzt, andere bei einem Umzug einfach zurückgelassen. Wieder andere sind Wohnungskatzen, die ausgerissen sind und nicht mehr nach Hause gefunden haben.
Auch Bauernhofkatzen bleiben oft sich selbst überlassen und teilen das Schicksal der ehemaligen Hauskatzen und ihrer Nachkommen.
Rasante Vermehrung
Eine weibliche Katze ist mit ungefähr sechs Monaten geschlechtsreif und kann zwei- manchmal sogar dreimal im Jahr Junge bekommen. Ein Wurf besteht aus zwei bis fünf Katzenkindern.
Die harten Lebensbedingungen auf der Straße haben keine Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit. Auch Streunerkatzen bekommen laufend Nachwuchs. So setzt sich das Elend von Generation zu Generation fort.
Angenommen, eine Straßenkatze bekommt zweimal im Jahr drei Kätzchen, die sich ebenfalls fleißig weiter vermehren. Ein Jahr später haben wir schon 12 Katzen und nach drei Jahren fast 500 Katzen. Nach 10 Jahren reden wir von rund 200 Millionen Katzen!
Rein rechnerisch wohlgemerkt, denn viele Samtpfoten überleben auf der Straße nicht lang.
Deshalb ist Kastration sinnvoll
Um die stetig wachsende Streuner-Population auf tierschutzgerechte Art in den Griff zu bekommen, gibt es nur eine Lösung: Die Kastration. Nur, wenn sich die Tiere nicht laufend weiter vermehren, kann dem Leiden ein Ende gesetzt werden.
Dabei reicht es nicht aus, nur die Straßenkatzen kastrieren zu lassen. Denn auch unkastrierte Freigänger paaren sich mit Straßenkatzen und zeugen ungewollten Streuner-Nachwuchs.
„Unkastrierte Freigänger-Katzen halten den Teufelskreis der unkontrollierten Vermehrung bei den Straßenkatzen und das damit verbundene Tierleid aufrecht.“
Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes
Verantwortungsvolle Katzenbesitzer sollten ihre Miezen deshalb auf jeden Fall kastrieren lassen. Das gilt nicht nur für die Kater, sondern auch für die Kätzinnen.
Es ist durchaus nicht immer einfach, Abnehmer für den ungeplanten Kindersegen zu finden. Nicht selten landen die Kleinen dann doch auf der Straße oder – wenn sie Glück haben – im Tierheim.
Kastrationsprojekte der Tierheime
Die meisten Straßenkatzen sind sehr scheu und lassen sich nicht mehr in ein Zuhause vermitteln. Tierschützer richten deshalb Futterstellen für die heimatlosen Samtpfoten ein und bringen regelmäßig Nahrung vorbei. Außerdem lassen sie die Tiere kennzeichnen, registrieren und falls nötig medizinisch versorgen.
Ein weiterer wichtiger Baustein in der Streuner-Versorgung sind die Kastrationsprojekte der Tierschutzvereine. Dazu werden die Tiere eingefangen und zum Tierarzt gebracht, wo sie kastriert werden. Nach dem Eingriff werden sie dort wieder freigelassen, wo sie eingefangen wurden.
In Schleswig-Holstein zum Beispiel startete man 2014 mit dem Kastrieren von Straßenkatzen. Seitdem wurden über 22.300 Tiere unfruchtbar gemacht – 60 Prozent davon waren weiblich und 40 Prozent männlich.
Kastrationsaktionen für Freigänger
Doch nicht nur Straßenkatzen werden kastriert. Manche Tierschutzvereine engagieren sich auch für die Kastration von Hauskatzen. So hat der Tierschutzverein Aschaffenburg zusammen mit einer Gruppe von Tierärzten Anfang des Jahres Katzenhalter bei der Kastration ihrer Freigänger unterstützt. Sie bekamen einen Zuschuss von 50 Prozent für den Eingriff.
Was kannst du gegen das Katzenelend tun?
Auch du kannst mithelfen, den Teufelskreis zu unterbrechen, indem du deine eigenen Tiere kastrieren lässt – und zwar Männchen und Weibchen.
Nur so verhinderst du, dass sich deine Katzen unkontrolliert mit Streunerkatzen oder anderen unkastrierten Freigängern fortpflanzen.
Eine Kastration ist ein Routine-Eingriff mit einem sehr geringen Risiko. Sie verhindert nicht nur unerwünschten Nachwuchs, sondern hat sogar weitere Vorteile: Durch den Wegfall der Sexualhormone werden die Katzen ruhiger, es kommt zu weniger Revierkämpfen und die Tiere legen nicht mehr so weite Wege zurück, um einen Partner zu finden.
Außerdem kannst du natürlich dein örtliches Tierheim mit einer Spende unterstützen. Manche Einrichtungen bieten auch sogenannte Kastrationspatenschaften an, bei denen du die Kosten für die Kastration einer Katze übernehmen kannst.
Jetzt sind deine Erfahrungen und deine Meinung gefragt: Fütterst du Streunerkatzen im Urlaub? Und was hältst du von den Kastrationsprojekten der Tierschutzvereine?
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