Wer die Erziehung seines Hundes richtig angeht, erspart sich später viel Ärger. Das ist auch das Versprechen der Hundeschule Stubenwölfe. Wir waren zu Besuch.
„Lasst bitte mal alle eure Hunde von der Leine!“, ruft Diana Holzbauer den vier Mensch-Hund-Gespannen zu, nachdem sie das Tor geschlossen hat. Schnell kommen die Hundebesitzer dem Kommando nach. Sofort setzt freudiges Gebell ein. Die Hunde, alle rund sechs Monate alt, schießen ausgelassen über die Wiese, beschnüffeln und jagen sich. Heute dürfen sich alle erst einmal ausgiebig begrüßen, bevor es losgeht.
Die Hundeschule Stubenwölfe, die ich heute besuche, liegt etwas außerhalb von Neuried, einer kleinen Gemeinde im Südwesten von München. Sie befindet sich gleich hinter einem kleinen Gartencenter, direkt an den Ausläufern eines weitläufigen Waldgebiets.
Das rund 16.000 Quadratmeter große Areal, das zum Großteil aus Wiese besteht, ist von einem Zaun umgeben. Ansonsten gibt es nur noch zwei kleine Rampen, einige kleine, eingezäunte Trainingsfelder und einen Bauwagen. Dort bewahrt Diana, Gründerin und Inhaberin der Hundeschule, ihre Trainingsutensilien auf.
Die Schule beginnt
Irgendwie erinnert mich das wilde Hin-und-Her ein bisschen an den Pausenhof in meiner Grundschulzeit. Es ist laut, turbulent und dazwischen stehen einige Erwachsene, die aufmerksam über die wilde Meute wachen. Natürlich kennt Diana alle Hunde bereits: „Einfach so würde ich nie alle aufeinander loslassen. In manchen Kursen dürfen die Hunde auch gar nicht spielen. Oder wir trainieren bewusst, dass die Hunde erst konzentriert arbeiten müssen, bevor sie spielen dürfen.“
Die pubertierenden Hunde – darunter sind zum Beispiel ein Collie und ein Jack Russel – scheinen sich auf jeden Fall viel zu erzählen zu haben. Manchmal muss ich auch schnell einen Schritt zur Seite machen, damit ihnen nicht im Weg stehe, während sie an mir vorbeirasen. Passend untermalt wird das Geschehen durch wummernden Techno-Sound. Der gehört eigentlich nicht zur normalen Atmosphäre, sondern dröhnt aus einem Gabelstapler, der neben dem Gelände auf und ab fährt.
Der Trubel, der eigentlich total gesittet abläuft, wie mir Diana versichert, geht noch ein paar Minuten weiter. Dann bittet sie darum, die Hunde wieder an die Leine zu nehmen. Anschließend treffen sich alle zu einer ersten Besprechung in der Mitte des Trainingsplatzes. Heute stehen unter anderem fortgeschrittene Bleib- und Abrufübungen, „Pfui“ sowie der Super-Rückruf auf dem Programm.
Es geht auch gleich an die praktischen Übungen, die Diana kurz, präzise und routiniert erklärt. Lange Theorieexkurse gibt es nicht. Denn die Teilnehmer sollen während einer Stunde möglichst viel praktisch arbeiten, damit sie das Gelernte Zuhause trainieren können.
Die Übung für Staubsauger auf vier Beinen
Größeren Raum nimmt zum Beispiel die „Pfui“-Übung ein. „Die ist vor allem für die Staubsaugerhunde unter uns wichtig“, erklärt Diana. Die Teilnehmer schmunzeln und nicken zustimmend. Auch sie kennen das Problem. Hunde, die alles, was sie am Boden finden, sofort ins Maul nehmen oder – schlimmer noch – gleich verputzen, sind für jeden Hundebesitzer eine Herausforderung.
Es geht nicht nur darum, dass der Hund seine Nase in eklige Dinge steckt, sondern vielleicht sogar etwas Gefährliches oder Giftiges frisst. Deshalb ist es so wichtig, dass Welpen schon früh lernen, auf ihre Besitzer zu hören. Liegt ein unbekannter Gegenstand auf der Straße, sagt Herrchen oder Frauchen nur das Kommandowort, zum Beispiel „Pfui“. Daraufhin soll der Hund das Fundstück ignorieren und weitergehen.
Was ganz einfach klingt, muss aber zunächst ausgiebig trainiert werden: Denn natürlich finden die meisten Hunde, insbesondere die jungen, erst einmal alles interessant, was sie am Wegesrand erschnüffeln. Dianas Übung zielt daher darauf ab, ihnen eine bessere Alternative zu ihrem Fund anzubieten – nämlich eine leckere Belohnung für ihren Gehorsam.
Um das zu üben, werden zuerst Karotten auf dem Gelände verteilt. Anschließend führen die Teilnehmer ihre angeleinten Hunde über die Wiese. Kommen sie an einer Karotte vorbei, sagen sie laut „Pfui“. Ignoriert der Hund das Gemüse und wendet sich seinem Frauchen oder Herrchen zu, bekommt er ein Leckerli. Stürzt er stattdessen auf die Karotte zu, gibt es keine Belohnung und es wird weitergegangen.
Die Mensch-Hund-Teams üben diese Variante einige Minuten lang. Dann steigert Diana die Herausforderung. Anstatt der Karotten legt sie nun verführerische Hundeknochen aus.
Welpen-Grundschule
Wie man schon sieht, richtet sich diese Übung an etwas erfahrenere Mensch-Hund-Teams. Denn wir befinden uns im Aufbaukurs – sozusagen der dritten Klasse für Welpen. „Sitz“, „Platz“ oder „bei Fuß“ beherrschen Hund und Halter schon. Nun geht es darum, diese Kommandos auch unter erschwerten Bedingungen zu trainieren. Außerdem lernen die Halter, wie sie ihren Hund in einer gefährlichen Situation sicher abrufen.
Bei den Stubenwölfen besteht die „Welpen-Grundschule“ aus vier Klassen: Grund-, Beschäftigungs-, Aufbau- und Profikurs. Davor gibt es noch die Welpenspielgruppe, sozusagen der Kindergarten für ganz junge Hunde. In diesen Kursen lernen Hundebesitzer Schritt für Schritt die Grundlagen der Hundeerziehung kennen.
Wie wichtig gerade diese für jeden Hundebesitzer sind, betont auch Diana: „Geht man die Erziehung richtig an, erspart man sich später viel Ärger. Denn wenn sich ein Problem im Verhalten noch nicht gefestigt hat, kriegen wir es jetzt wahnsinnig leicht wieder weg.“ Das Ziel ihrer Kurse ist daher: Hund und Besitzer sollen alltagstauglich werden.
Post-Corona-Ansturm
Entsprechend groß ist auch der Andrang in Dianas Hundeschule – gerade nach dem Ende der Corona-Lockdowns. „Als wir Mitte Mai 2021 wieder öffnen durften, war das wirklich unglaublich. Die haben uns überrannt“, erinnert sich Diana an die letzten Monate zurück. Das spiegelt sich in den offiziellen Statistiken wieder: Allein in München stieg die Zahl angemeldeter Hunde von 40.543 im Dezember 2020 auf 41.958 im Juni 2021. Das sind 1.442 Hunden mehr – nur in der Stadt München.
Doch nicht jeder frisch gebackene Hundebesitzer kommt mit seinem neuen Familienmitglied perfekt zurecht. „Wir haben schon gemerkt, dass sich viele Leute einen Hund zugelegt haben, die dann keine Hilfe bekommen konnten“, bestätigt Diana. Während des Lockdowns durften Hundeschulen in Bayern weder Einzelstunden noch Gruppentrainings anbieten.
Konsequenz und positive Verstärkung im Fokus
Dabei ist eine gute Sozialisierung und eine konsequente Erziehung essentiell für ein harmonisches Zusammenleben von Hund und Mensch. Ohne sie sind fehlender Gehorsam und Verhaltensprobleme oft vorprogrammiert.
Vor allem zwei Fehler beobachtet Diana häufig bei Ihren Kunden. Zum einen seien viele Hundebesitzer inkonsequent, wodurch der Hund nicht lernt, was richtig und was falsch ist. Zum anderen schenke man dem Fehlverhalten des Hundes zu viel Aufmerksamkeit und ignoriere das richtige Verhalten zu häufig. Dadurch aber lernt der Hund, dass sich Fehlverhalten mehr lohnt. Immerhin bekommt er dafür die Aufmerksamkeit seines Besitzers.
Genau diese Punkte wiederholt Diana immer wieder im Laufe der Stunde. Ihr ist wichtig, dass die Kursteilnehmer lernen, konsequent mit ihrem Hund umzugehen. Dabei steht die positive Verstärkung immer im Zentrum einer jeden Übung.
Das heißt: Macht der Hund etwas richtig, erhält er Lob und eine Belohnung. Andernfalls wird sein Verhalten einfach ignoriert. Das ist die Philosophie der Hundeschule.
Knochen gegen Leckerli
Während der ganzen Stunde geht Diana kontinuierlich über den Platz und gibt den Teilnehmern Hilfestellungen. Manchmal greift sie auch selbst zu Leine und Leckerli, wenn eine Übung gar nicht funktionieren will. Das sehe ich zum Beispiel in der zweiten Stunde, einem Grundkurs:
Die rund 17 Wochen alte Labradorhündin Luna hat eben einen Knochen bekommen. Nun soll ihre Besitzerin ihr diesen wieder abnehmen. Doch Luna weicht ihrer Besitzerin aus und verbeißt sich hartnäckig im Knochen. „Warte kurz. Luna geht jetzt in die Verteidigungshaltung. Da musst du aufpassen“, sagt Diana ganz ruhig. Sie übernimmt Luna, gibt ein Kommando und bietet der schwarzen Hündin gleichzeitig ein Leckerli an. Daraufhin nimmt sie ihr den Knochen vorsichtig und souverän aus dem Maul – im Tausch gegen das Leckerli.
„Ihr dürft eurem Hund nicht einfach den Knochen wegnehmen. Ihr müsst ihm etwas Besseres im Tausch anbieten“, wiederholt Diana nochmal für alle Teilnehmer. Anschließend wendet sie sich nochmal an ihre Kursteilnehmerin: „Keine Sorge, das bekommst du schon hin. Du musst die Übung einfach regelmäßig daheim wiederholen.“
Hunde- und Menschenflüsterin
Generell fällt auf: Diana interagiert während ihrer Kurse vor allem mit den menschlichen Teilnehmern. Sie korrigiert die Ausführungen, beantwortet Fragen und beruhigt die Hundebesitzer, die resigniert und frustriert sind, wenn sie eine Übungen nicht schaffen.
Neben der Arbeit mit Hunden ist dieser Aspekt einer der Hauptgründe, weshalb sie Hundetrainerin geworden ist: „Beim Hundetraining hat man viel mit Menschen zu tun. Man arbeitet ja in erster Linie mit dem Besitzer – und das gefällt mir super gut.“
Wie aber wird man eigentlich Hundetrainer? Diana zum Beispiel hat Tierpsychologie an einer Fernuniversität studiert und sich vor allem mit Verhaltenstherapie für Hunde beschäftigt. Seit 2007 arbeitet sie als Hundetrainerin, zunächst noch als Angestellte.
Allerdings muss man wissen, dass Hundetrainer kein geschützter Beruf ist. Grundsätzlich kann sich jeder so nennen; eine staatlich reglementierte Ausbildung gibt es nicht. Nur wer ein Gewerbe als Hundetrainer anmelden will, muss einen Sachkundenachweis nach Paragraph 11 des Tierschutzgesetzes vorweisen können. Dazu ist eine Prüfung beim Veterinäramt notwendig.
Diese hat Diana 2012 abgelegt, als sie sich entschließt, selbständig zu werden und ihre eigene Hundeschule zu gründen. Heute beschäftigt Diana noch zwei weitere Trainer in Voll- und Teilzeit.
Training bei Wind und Wetter
Inzwischen ist es spät am Nachmittag. Auch das Wetter ist im Laufe der zwei Stunden immer ungemütlicher geworden. Es hat nur fünf Grad, ein kalter Wind bläst und nun weht uns auch noch durchdringender Niesel-Eis-Regen ins Gesicht.
„Klar, wenn es sehr kalt ist, stark regnet oder stürmt, dann lassen wir die Stunde ausfallen. Hund und Mensch sollen ja auch Spaß dran haben. Auf der anderen Seiten haben wir aber auch Kunden, die super motiviert und dann total enttäuscht sind, wenn der Kurs ausfällt. Wir müssen da also immer die richtige Balance finden“, antwortet mir Diana auf meine Frage, ob sie wirklich bei jedem Wetter trainieren.
Die Kursteilnehmer scheinen sich jedenfalls nicht groß am nass-kalten Februar zu stören. Jeder ist bis zum Ende hochkonzentriert bei der Sache und nutzt jede Minute des Kurses. Nach der letzten Übung gibt Diana den Kursteilnehmern noch einige Hausaufgaben mit auf den Weg. Sie sollen vor allem die heutigen Übungen intensiv trainieren, damit sie auch wirklich sitzen. Danach dürfen die Hunde wieder von der Leine und sich voneinander verabschieden.
Wieder gibt es lautes Gebell und freudiges Hin- und Herflitzen. Nebenbei bereitet Diana schon die Utensilien für den nächsten Kurs vor. Währenddessen fährt auch der Gabelstapler wieder auf und ab. Auch er hat noch nicht Feierabend…
Jetzt interessiert mich natürlich auch noch eure Meinung. Habt ihr schon einmal eine Hundeschule besucht? Und was war das Wichtigste, das ihr daraus mitgenommen habt? Lasst es mich in den Kommentaren wissen.
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